Sieben Jahre haben wir nun die JULIUS. Jahre voller wunderschöner Törns, Training, Erweiterungen, Umbauten und Vervollständigung der Ausrüstung. Abgesehen davon, dass ich die Fotos auf der Seite über die JULIUS hier im Blog aktualisieren muss, sind wir nun soweit, dass es auf eine längere Reise mit weiter entferntem Ziel gehen kann: Norwegen.
Ursprünglich hatten wir für dieses Jahr England und den Ärmelkanal im Blick: Im Mai nach London, dort eine Woche liegen und mit der Familie diese Stadt erleben. Dann runter zum Ärmelkanal, weiter nach Westen, und irgendwo dort dann den Sommerurlaub verbringen.
Ein guter und interessanter Plan. Doch je mehr ich darüber nachdachte, desto hakeliger wurde die Sache: Die Überführungen nach London, von dort zum Ärmelkanal und zurück nach Hause würde ich alleine mit Hund machen. Grundsätzlich kein Problem, Einhand unterwegs zu sein habe ich in den letzten Jahren ausführlich geübt und fühle mich dabei absolut sicher.
Unser Bordhund Ole fügt allerdings zwei Faktoren hinzu: Erstens ist er ängstlich bei Seegang und braucht dann Aufmerksamkeit. Die ich ihm in dem Seegebiet nicht immer geben könnte. Zweitens will ich viel ankern: Drei Mal pro Tag mit dem Tender in einem Revier mit ausgeprägter Tide irgendwo anlanden, spazieren gehen und wieder loskommen könnte jedoch schwierig werden. Entweder, das Wasser ist gestiegen und der Weg zum Tender wird naß. Oder das Wasser ist weg und das schwere Boot (über 200kg) liegt hoch und trocken.
Dazu kommt, dass ich natürlich in der Zeit, wo ich keinen Urlaub habe, arbeiten muss. Mein Boot hat sich nun schon lange als Boatoffice bewährt und solange ich Mobilfunkempfang habe bin ich voll einsatzfähig. Die Pandemie hat die Akzeptanz für ausgeprägtes Homeoffice noch mal verstärkt und die Infrastruktur wurde mit Teams und anderen Werkzeugen deutlich ausgebaut.
Ein Wochentag besteht dann also aus:
- Morgenrunde mit dem Hund
- arbeiten
- Mittagsrunde mit dem Hund
- Was zu Essen kochen
- arbeiten
- Boot zum nächsten Ziel bewegen
- Abendrunde mit dem Hund
Das ist durchaus fordernd und lässt sehr wenig bis gar keine Freizeit. Die einzelnen Punkte müssen jeweils möglichst einfach sein – und genau das trifft für die Hunderunden in einem Tidenrevier nicht zu.
Insgesamt muss der Ärmelkanal und die Kanalinseln, die ich unbedingt einmal besuchen will, einfach noch warten.
Neues Ziel: Norwegen
Dieses Jahr machen wir noch einmal mit beiden Kindern Sommerurlaub. Und da kann es gerne mal etwas besonderes sein. Mit Norwegen haben wir da eine sehr gute, eigentlich sogar die bessere, Alternative gefunden.
Ole und ich werden die JULIUS Einhand (und arbeitend) bis hoch nach Bergen bringen. Dorthin kommt die Familie dann geflogen und wir haben vier Wochen Zeit, um sehr gemütlich in Norwegens Süden, nach Kristiansand zu fahren. Von dort fliegt die Familie dann zurück nach Hamburg, Ole und ich bringen das Boot dann in ungefähr vier Wochen (wieder arbeitend) zurück nach Damp.
Nach allem, was ich bisher gehört, gelesen und gesehen habe, ist dieser Törn angemessen spektakulär für einen letzten gemeinsamen, großen Familienurlaub. Ich denke, die meisten von euch haben zumindest eine Ahnung von den großartigen Fjorden und Schären (nicht umsonst hat Slartibartfaß dafür einen Preis bekommen).
Außerdem ist der Weg relativ einfach: Die dänische Ostküste hoch (also meistens im Landschutz bei der üblichen Westwindlage), dann einmal quer über das Skagerrak (wo ich genug Zeit habe, ein handiges Wetterfenster abzuwarten). In Norwegen angekommen sind wir dann fast durchgängig (von dem Kap im Süden bis Stavanger abgesehen) durch Schären oder Fjorde geschützt und es gibt unzählige Ankerplätze, einer schöner als der andere.
Sieben Jahre Um- und Ausrüstung für dieses Ziel?
Seit ich die JULIUS habe, rüste ich dieses Boot systematisch und Stück für Stück aus, um so eine Art Reise sicher, komfortabel und entspannt machen zu können. Außenstehende haben sicher hier und dort mal gedacht „Warum macht er das? Wer braucht denn sowas?“ – aber von Anfang hat hatte alles seinen Sinn, war ein Puzzlestück für das grundsätzliche Ziel. Nein, Norwegen hatte ich nicht als konkretes Gebiet vor Augen. Aber eine monatelange Reise machen zu können, genau das war immer schon der Plan. Ein paar Beispiele:
- Ein schneller Tender, um vom Mutterschiff aus in einem größeren Umkreis die Gegend erkunden zu können (Ein schneller Tender zum langsamen Motorkreuzer – Upgrade auf 30PS + Smart Tabs, Tender aufgerüstet: Navigation, GPS, Echolot, Benzinverbrauch mit Raymarine Element).
- Rauswurf des (veralteten) Generators, massiver Aufbau von Solarleistung, Batteriekapazität und Energie-Infrastruktur (u.a. Hybridbatterie mit BOS LE300: Jetzt macht es Spaß – Erfahrungen, Empfehlungen und Tipps, Autark durch Solar, ohne Generator. Mit kochen. Und Warmwasser. Funktioniert!).
- Umbau der Ruderanlage (u.a. REFITTING JULIUS 1: Raus mit der alten Ruderanlage, Raymarine Evo Ruderanlage und Autopilot: Kurzzeitiger Schatten und viel Licht., Umbau der Euro 500 Ruderanlage auf Raymarine Evo)
- Diverse Upgrades für die Navigationselektronik: Raymarine Axiom und ES MFDs, Quantum Radar, neue UKW Funkanlage, Mac Mini mit Coastal Explorer, VisuShip, Maretron Windmesser, Airmar Echolot-Sensor, Ray i70 Anzeigen.
- Unzählige Kleinigkeiten außen: 80m Ankerkette, Ankerspill mit Kettenzähler, der immer zuverlässige Jambo Anker, Fernlicht für die Nachtfahrt, Vergrößerung des Außensteuerstands…
- …und innen: Froli Bettsystem, Webasto Evo Heizung, Induktions-Herd, diverse Ordnungssysteme (z.B. Mepal Modula Vorratsboxen), Internet auf dem Boot, Feuerlöscher, Medkits.
Bestimmt habe ich tausend Punkte vergessen. Und natürlich sind längst nicht alle Punkte notwendig (z.B. die Müggele ist als viel kleineres Segelboot und ohne all diese Ausrüstung bis zu den Lofoten gekommen [Korrektur nach Hinweis von Mareike herself: bis zum Nordkap haben sie es geschafft – Respekt!]). Aber ich mag all die Möglichkeiten, die mir mein Boot mittlerweile bietet. Und sicher ist: Die JULIUS ist bereit für so eine Tour.
Das möglichst autarke Boot für viele Nächte vor Anker
Vor allem auf den Überführungen, die ich alleine mit Bordhund Ole mache, will ich hauptsächlich zum einkaufen und zur Müllentsorgung mal einen Hafen anlaufen und sonst wo immer möglich ankern. Das birgt interessante Herausforderungen, von denen die meisten bereits gelöst sind:
Herausforderung | Lösung | erledigt? |
Sicher ankern. | Seit Jahren und auch im Sturm bewährter 35kg Jambo Anker, nun mit 80m 8mm Kette und Zählwerk. Als Heck- und Backupanker ein 20kg Delta mit 10m Kettenvorlauf und insgesamt sicher 100m Leine. | ✅ |
Strombedarf verlässlich decken, inklusive Warmwasser und Kochen mit Strom | 1.100W Solarleistung, 192Ah@24V LE300 Lithium Batteriebank, 480Ah@24V AGM Batteriebank, eine 100A@24V Lichtmaschine, Victron Multiplus 3000W Inverter, Induktionsherd (über den ich mich jedes Mal beim kochen wieder freue!), Warmwasser-Boiler mit Abschalt-Automatik via VisuShip | ✅ |
Trinkwasser | 1.000 Liter Tank mit Zement-Beschichtung, UV-, Vor- und Aktivkohle-Filter, Kupferrohre bis zu den Zapfstellen. | ✅ |
Vorratshaltung | Diverse Stauräume in der kühlen Lebensmittel-Bilge und im Innenraum, Standardisierung auf Mepal Modula Boxen und OXO Pop Behälter. Mittelgroßer Kühlschrank mit verbesserter Isolierung + extra Dometic Kühlbox für Getränke. | ✅ |
Reduzierung von Müll. | Wo möglich werden Waren nach dem Einkauf in Vorratsdosen umgefüllt, so dass die Verpackung im Hafen entsorgt werden kann. Es fehlt noch ein Abfallentsorger, mit dem Biomüll zermahlen und über den Abfluss entsorgt wird (z.B. ein Bort Master Eco). | ❌ |
Fäkalien | Großer Schwarzwassertank, in dem Prolifoss die Fäkalien zumindest teilweise abbaut. Entsorgung in Häfen oder auf See gemäß gesetzlicher Vorgaben. | ✅ |
Internet | 5G Internet zum arbeiten über ein iPhone 13, 4G (LTE) Netz für alles andere und als Backup über meine immer noch top funktionierende Lösung, die ich ausführlich hier beschrieben habe: Internet auf dem Boot: Im Hafen. Unterwegs. Vor Anker. Und bezahlbar. | ✅ |
Nächte in Häfen sollten somit die Ausnahme sein. Ich bin also nur vom Wetter abhängig und kann auch spät abends irgendwo ankommen ohne Angst haben zu müssen, keinen Platz mehr zu bekommen.
So der Plan für dieses Jahr. Ob alles so klappt, werdet ihr hier auf booteblog.net lesen. Und wenn die Zeit es erlaubt, werde ich auch wieder mehr Videos machen, um euch mitzunehmen auf diese – zumindest für uns – besondere Reise.
Das ist ein tolles Vorhaben! Viel Glück dabei und Dir und Familie schöne Erlebnisse. Fair winds
Hallo Thomas, danke für die guten Wünsche 🙂
Grossartig ! bin gespannt auf deine weiteren Berichte..genau das hab ich mit meiner Navigator auch vor, und irgendwann quer durch Europa auf den Binnenwasserstrassen ins Mittelmeer, oder auch die Tour ins schwarze Meer.. Wünsche schon mal eine super Zeit !
Witzig, „Navigator“ hatte ich auch als Namen für die JULIUS erwogen Mittelmeer wäre auch mal cool, aber das ist ein Projekt für sehr viel später
ebenfalls Großartig, fahre mitte Mai richtung Mandal, aber über die Nordsee, Ostsee ist Plan „B“.Ob ich dann bis Bergen komme, wird sich zeigen. Bin bischen schwerer unterwegs (40t) aber auch nur mit Motor.
Wünsche Dir eine haveriefreie Tour !
Moin. Wir fahren ja mitte Mai ab in Richtung Nordkap. Mal sehen, ob wie uns sehen… 😉