Als geadelte Langfahrt-Yacht: MY JULIUS im Trans-Ocean Segler-Verein

Meine JULIUS neben Blauwasser Yachten

Der „Trans-Ocean“ e.V. (TO) ist ein Netzwerk von und für Hochseesegler. Er ist für sie „Heimathafen“, obwohl er kein eigenes Clubgebäude besitzt. Wo immer sich TO-Mitglieder treffen lebt der Verein.

Von der Trans-Ocean Website

Mitte Mai bin ich kurz die 38 Seemeilen nach Orth auf Fehmarn gefahren: Dort fand das Sommertreffen vom Trans-Ocean statt. In diesem großen Seglerverein (ungefähr 4.800 Mitglieder) bin ich als einer der sehr wenigen Motorkreuzer (sicher weniger als 10) seit Anfang dieses Jahres Mitglied.

Vereine sind nicht meine Welt. Die organisierte Geselligkeit, die vielfach geschätzt wird, passt nicht zu meinem Lebensrhytmus. Doch der Trans-Ocean ist anders.

Unsere Mitglieder und Stützpunktleiter bilden das weltumspannende TO-Netzwerk, das als virtueller „Heimathafen“ Anlaufpunkt ist, die Zusammengehörigkeit stärkt und gemeinsame Interessen fördert

Von der Trans-Ocean Website

Es fing letztes Jahr auf der großen Norwegen Reise an: Ich traf (mal wieder) die Heimkehr VII von Marlene und Bert Frisch, und Bert machte mich (mal wieder) auf diesen Verein aufmerksam. „Nehmt ihr denn auch Motorboote…?“ hatte ich Bert vorsichtig gefragt. „Natürlich, warum sollten wir das nicht tun?“ war seine sinngemäße Antwort.

Später traf ich noch zwei weitere Yachten, die den Trans-Ocean Wimpel fuhren. Mit beiden Crews hatte ich äußerst nette Schnacks und das Gefühl, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Da war keine Spur von Abschätzigkeit, nur weil mein Boot keinen Mast hat.

Wer diesen Wimpel führt, hat die See im Herzen. (c) Trans-Ocean, via Screenshot von trans-ocean.org.

Meine JULIUS ist – das hat die Norwegen Reise eindrucksvoll bewiesen – absolut geeignet für die Langfahrt (siehe z.B. Technik einer Langfahrt-Yacht (1): Maschinenanlage, Elektrik und Stromversorgung durch Solar., Leises Boot: Schalldämmung der Maschine. Demos, wie es geht, welches Material oder auch Wasser auf dem Boot oder Camper aus dem Tank trinken? Top Trinkwasser an Bord – hier erklärt!). Und will ich diese mittlerweile sehr fähige Yacht langfristig unterfordert nur in der Ostsee bewegen?

Neben vielen Bausteinen, die noch für eine länger dauernde Unternehmung notwendig sind, habe ich schließlich den Trans-Ocean als wichtigen Teil einer Langfahrt gesehen, wie ein Stück Heimat, egal wo ich auf der Welt sein sollte. Wo immer der Wimpel weht, habe ich einen Ansprechpartner, wo ein TO Stützpunkt ist, bekomme ich Hilfe. Und umgekehrt: Wer die JULIUS mit dem TO Wimpel im (kleinen) Mast sieht und mich anspricht, mit dem halte ich gerne einen Schnack oder dem versuche ich bestmöglich zu helfen: „Wo immer sich TO-Mitglieder treffen lebt der Verein.“

Die hunderjährige El-Friede. Mit Ingrid (80) und Jürgen (83) als Gäste.

So traf ich an Vatertag in Orth ein. Ein paar TO Mitglieder waren schon da, mit oder ohne eigenes Boot: Zum Beispiel Albrecht mit einem technisch aufwändig ausgerüsteten Motorsegler, der sofort meine Leinen annahm, und mich zu sich an Bord einlud. Dort lernte ich Ingrid und Jürgen kennen, beide in gehobenem Alter (80 und 83) und bis vor Kurzem noch mit eigenem Boot unterwegs. Die beiden haben 23 Jahre lang (!) die Welt besegelt und haben quasi alles erlebt und gesehen. Die Geschichten, die beide unterhaltsam vortragen können, sind unendlich.

Etwas später kam Carsten mit einer wunderschönen Ovni Aluminium Yacht (mehr unter aluyacht.de), der mich gleich auf booteblog und meine Youtube Videos ansprach. Als Gäste hatte er Pit und Anna dabei, deren Yacht im Mittelmeer liegt. Pit ist der Vater von Ronja Segeltochter, die es mit 26 Jahren bereits segelnd bis Panama geschafft hat und auf Weltumrundung ist.

Die El-Friede am Kai in Orth.

Oder Kai, der mit seiner hundertjährigen El-Friede – einem wunderschönen Holzboot – seit fast 25 Jahren unterwegs ist. Kai ist ein begnadeter Handwerker und macht an seinem Schiff alles selbst: Planken tauschen, Schränke bauen, Holz außen und innen bearbeiten und erneuern, tragende Metall-Teile herstellen… und ist dabei so ein offener und interessierter Mensch. Obwohl seine El-Friede und meine JULIUS kaum gegensätzlicher sein könnten, haben wir uns auf Anhieb hervorragend verstanden und das jeweils andere Boot mit Respekt und Bewunderung begutachtet.

Mario und Jakob kamen mit einer ausnehmend gut gepflegten niederländischen Stahlyacht. Vater und Sohn haben die Gelegenheit, einige Monate zusammen auf See zu verbringen, und waren mit der für sie noch neuen, aber fast fünfzig Jahre alten Yacht, noch etwas unsicher. Ist das Boot wirklich seetauglich, auch für den hohen Norden? Viele fachmännische – im Wortsinne! – Begutachtungen von Trans-Ocean Mitgliedern später wuchs das Vertrauen von Mario und Jakob in ihr Boot sichtlich.

Am ersten Abend gab es eine Begrüßungs- und Vorstellungsrunde, wo ich mich direkt als Exot geoutet habe. „Die See im Herzen, darauf kommt es an“ antwortete mir einer der TO-Vorstände daraufhin vor versammelter Runde. Ich habe mich sehr willkommen gefühlt.

Ankerausflug mit einigen Trans-Ocean Booten.

Es wurde ein allgemeines „Open Ship“ vereinbart: Jeder konnte bei jedem Boot klopfen und es sich angucken. Und was habe ich für interessante Boote gesehen: Eine weitere Aluminium Yacht, von einem Ingenieur in vielen Jahren selbst erdacht und gebaut. Irrwitzig robust, trotzdem bildschön anzuschauen und hervorragend zum Leben an Bord geeignet. Der Erbauer konnte es – ein immer mal wiederkehrendes Muster bei Selbstbauern – krankheitsbedingt nicht mehr nutzen und musste es blutenden Herzens an Bianca und Sascha verkaufen, die mit dieser Yacht die Atlantiküberquerung gemacht haben, die sich der Erbauer erträumt hat und an der er auf herzlichste Art Anteil genommen hat.

Oder Bernd, der sich in nur zwei Jahren den oben im Foto sichtbaren Katamaran gebaut hat und damit seit vielen Jahren unterwegs ist. Aus Holz, mit GFK überzogen, und vielen interessanten und sinnvollen Detail-Lösungen. Ich könnte immer weiter aufzählen und entschuldige mich bei allen TOlern, deren Boot ich mir angeguckt oder mit denen ich mich unterhalten und hier nicht erwähnt habe.

Neben dem Open-Ship und einem Ankerausflug bei bestem Wetter, wurde abends gemeinsam gegrillt und es gab zwei Vorträge: Wie sich Segler in der Ostsee einbringen können, um wichtige Daten zur Wasserqualität für die Wissenschaft zu sammeln und ein ehrlicher Bericht einer missglückten Weltumsegelung, die durch Covid und andere unglückliche Umstände zu einer sehr herausfordernden Überführung eines Bootes aus den USA nach Deutschland wurde. Dabei erzählte Benny dann noch von dem neuen Projekt Smartboatia, um Segeln schneller, sicherer und komfortabler zu machen. Für Segler mit Anspruch klang das sehr interessant.

In geselliger Runde auf der JULIUS.

Einige Segler waren anfangs doch ein wenig skeptisch, wie denn Langfahrt auf See ohne Segel funktionieren kann. Der Bootstyp „seegehender Motorkreuzer“ war schlicht unbekannt. Nach ausführlicher Besichtigung der JULIUS und einigen Erklärungen meinerseits änderte sich das.

„Jetzt verstehe ich deinen Optimismus. Mit diesem Schiff wirst du das schaffen!“

So ein älteres Trans-Ocean Mitglied, mit dem ich mich über meine Ideen unterhalten hatte, und der bis zur Besichtigung meines Bootes deutliche Zweifel hatte.

An diesem langen Wochenende im Mai habe ich nur interessante Menschen kennengelernt, mit denen ich mich nicht nur über Bootszeugs, sondern auch über viele andere Themen austauschen und unterhalten konnte. Alle strahlten aus, dass sie – im besten Sinne! – ein bisschen „anders“ sind, Länder und Menschen kennenlernen und ihren Horizont erweitern möchten. Kurz: Die See im Herzen haben.

Am letzten Abend, dieses Mal auf meinem Boot, wurden die Gläser erhoben und die JULIUS einhellig in die Liga der Fahrtenyachten aufgenommen. Eine Anerkennung von Menschen, die Erfahrung aus vielen selbst gemachten Reisen haben, die mich sehr gefreut hat.

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