Der Irre im Kanal macht weiter – aber nicht lange.

„Wahrschau vor dem Segler vor deinem Bug, der verhält sich äußerst gefährlich.“

Höre ich über UKW den Lotsen des Container Schiffes eine Warnung vor dem sich und andere gefährdenden Segler (siehe Teil 1 der Geschichte – hier lesen!) an den nachfolgenden Tanker aussprechen.

Er ist nun achteraus und fährt auf der richtigen Seite vom Kanal, eng am Ufer. So, wie es sein soll.

Der Segler fährt nun korrekt dicht am Ufer (Boot absichtlich verpixelt).

„Vermutlich hat er langsam realisiert, wie gefährlich sein Verhalten war. So etwas macht er sicher nicht noch mal.“

Denke ich. Tatsächlich passiert er den Tanker ohne Vorkommnisse. Ich entspanne und richte mich auf die weitere Kanalfahrt ein. Das Wetter ist ruhig, es ist warm. Ich möchte heute noch bis Rendsburg kommen.

„Hast du den Namen von dem Segler erkennen können?“

Wieder UKW Kommunikation zwischen dem Container Schiff und dem Tanker.

„Nein, habe keinen Namen gesehen.“

„Ok, ich habe zumindest Fotos gemacht. Das wird Konsequenzen haben.“

Dieser Vorfall wird also nicht unter „dumm gelaufen“ abgebucht. Da bahnt sich eine weitere Ermittlung an. „Richtig so“ ist mein erster Gedanke dazu. Wenn man ohne Not Fehler macht, die derart schwerwiegende Folgen haben können, sollte es dafür auch Konsequenzen geben. Es würde ja auch niemand gemütliches Radeln mitten auf der Autobahn als Bagatelle abtun.

Ruhige Fahrt im Kanal (Archivbild).

Kurz hinter der Beinahe-Katastrophen-Stelle kommt einer der vielen Fähren über den Kanal. Diese sind gegenüber jedem anderen Fahrzeug, inklusive Sportbooten, ausweichpflichtig. Wir als Sportboote dagegen sind kurshaltepflichtig. Also: Damit sich der Skipper einer Fähre auf unsere Boote einstellen kann, müssen wir die Fähre mit gleichbleibenden Kurs und Geschwindigkeit passieren.

Noch nie habe ich erlebt, dass so ein Fährkapitän sich verschätzt und bremsen oder gar anhalten muss. Bis heute.

„Unfassbar.“

Die Fähre liegt einige hundert Meter hinter mir, und nur zufällig drehe ich mich um.

„Das kann doch nicht sein, dass er schon wieder einen irren Iwan gemacht hat…?“

Wer kennt nicht den Film „Jagd auf roter Oktober“? Dort werden unvorhersehbare Manöver von sowjetischen U-Booten als „irrer Iwan“ bezeichnet. Selten hat diese Bezeichnung so gut gepasst wie gerade jetzt:

„Irrer Iwan“ vor einer Kanalfähre (Boot absichtlich verpixelt).

Die Fähre steht mitten im Kanal. Der „Irre im Kanal“ unmittelbar vor ihr, ebenfalls still stehend. Offensichtlich drohte erneut eine Kollision, so dass der Fährkapitän eine Notbremsung machen musste. Wie auch immer diese Situation entstanden ist – ich schüttel den Kopf, mache ein Foto und fahre weiter.

„… sie fahren sofort zum Anleger bei der Fähre. Legen sie an, und bleiben sie dort.“

Es wird noch mal interessant: Die Kanalverwaltung spricht kurze Zeit später den Segler über UKW an. Augenscheinlich ist nun auch der Vorfall mit der Fähre offiziell geworden, und nun wird gehandelt.

Die Antwort des Seglers bekomme ich leider nicht mit. Aber die Ansagen der Kanalverwaltung sind eindeutig genug:

„Die weitere Fahrt im Kanal ist ihnen bis auf weiteres verboten. Warten sie am Anleger!“

(… nicht verstandene Antwort des Seglers…)

„…aber was mich noch interessiert: Warum haben sie das getan?“

(… nicht verstandene Antwort des Seglers…)

„Die Regeln sind ihnen unbekannt? Gegen sie liegen zwei Anzeigen wegen Gefährdung der Schifffahrt vor. Weiterhin haben sie ein rotes Signal überfahren.“

(… nicht verstandene Antwort des Seglers…)

„Doch, selbstverständlich. Das Signal zeigte drei mal rot, dann dürfen sie nicht aus der Weiche ausfahren.“

(… nicht verstandene Antwort des Seglers…)

„Wir haben den Radarplot und es ist dokumentiert, wann wir das Signal gesetzt haben. Die Sachlage ist eindeutig.“

(… nicht verstandene Antwort des Seglers…)

„Sie bleiben am Anleger, Fahren sie nicht weiter. Die Polizei ist unterwegs!“

Damit ist der Skipper also nun erstmal aus dem Verkehr gezogen. In seiner Haut möchte ich nicht stecken, das kommende Gespräch mit den Beamten der Wasserschutzpolizei – die normalerweise ausnehmend freundlich sind! – wird sicher nicht angenehm.

Ich fahre zufrieden weiter: Heilfroh, dass es letztlich kein Unglück gab. Und dankbar, dass alle beteiligten Profis effizient gehandelt und diesen Skipper für den Augenblick aus dem Verkehr genommen haben. Genau so wie Verrückte keine Autorennen durch Städte machen dürfen, kann auch ein Sportschiffer nicht in diesem Maße sich und andere gefährden.


Diese Geschichte spielt am 14. Juni 2019 und ist die Fotsetzung von „Der Irre im Kanal.“.

Anmerkungen: Den Funkverkehr habe ich sinngemäß und aus der Erinnerung wiedergegeben. Das Boot in den Fotos habe ich zum Datenschutz verpixelt. Die Geschichte ist nicht erfunden, sondern hat sich so zugetragen.

2 Kommentare zu “Der Irre im Kanal macht weiter – aber nicht lange.

  1. siggyb

    Da freut man sich wenn man solchen Zeitgenossen nicht begegnet.
    Darf ich fragen was aus dem Antifouling bzw. den Neuaufbau der ungleichmäßigen Stellen dortselbst geworden ist? Hast Du das so gelassen oder folgt da noch ein Bericht? Aber klar erst mal Urlaub mit der Family. Viel Spass und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel.

    1. Julian Buß

      Hi,

      nee, da kommt vermutlich kein eigener Artikel mehr zu. Ich hatte das ja provisorisch gemacht, und das hat erwartungsgemäß ein halbes Jahr gehalten. Dann war ich bei Julius Grube im Dock und habe das dort vernünftig neu machen lassen. D.h. abschleifen bis aufs Metall (sandstrahlen ging im Dock zu der Zeit nicht), dann mit 2K Material neu aufgebaut.

      In Glückstadt wäre es vermutlich noch besser geworden, hätte aber auch vier mal so viel gekostet 🙂 Und Grube macht Beschichtungen bei den Berufsschiffen als täglich Brot, ich nehme mal an, die wissen, was sie tun.

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