Es knallt, es rummst, die Stöße gehen durch das ganze Schiff. Die Maschine dreht für sieben Knoten, über Grund macht die JULIUS aber nur noch eben über vier Knoten.
Der Bug wird angehoben, nur um gleich wieder auf die nächste Welle zu fallen. Dort, wo eben noch ein Wellenberg aus Wasser war, drängt sich die Bugnase des Schiffes seinen Weg frei. Beeindruckend spritzt die See über den Bug, Gischt erreicht selbst die Persenning, die den Außensteuerstand schützt.
Gestern war es weder sinnvoll, nach Juelsminde noch nach Vejle zu kommen (hier klicken um die Geschichte zu lesen), heute dagegen ist es überhaupt kein Problem. Der Wind hat auf angenehme vier bis fünf abgenommen, von den heftig bremsenden und gegenan stehenden Wellen ist nicht mal die Hälfte übrig geblieben. Kühl ist es immer noch, etwas anderes erwarten wir in diesem Urlaub aber auch nicht mehr.
Wir brechen halbwegs zeitig auf, nach Vejle sind es immerhin noch 35 Seemeilen, also etwas über fünf Stunden. Aber: warum will man eigentlich nach Vejle?
Wir sind am Strand von Marstal, da, wo die knuffigen Strandhäuser stehen. Die Sonne lacht und erstaunlicherweise ist es nicht kalt. Sommersonnenheiß ist es auch nicht, aber so angenehm, dass wir ein wenig Zeit am Strand verbringen wollen. Ole, unser Bordhondje, ist natürlich dabei und hat schon einige tiefe Löcher gebuddelt – leider ohne einen Schatz zu finden.
„Ole! HALT! H A L T ! „
Rufe ich unserem ja noch sehr jungem und daher bisher nur bedingt erzogenem Hund hinterher. Leider völlig erfolglos: Ole hat eine Gruppe von jugendlichen Mädchen (und einem Jungen) ein paar Meter weiter entdeckt, und einige Mädels haben gerade etwas zu Essen ausgepackt. Bewährte Neuronenverbindungen im Kopf von Ole feuern: Fressen!
Dann rast ein nasser, sandiger und sehr auf Nahrung fokussierter Hund auf die Gruppe zu. „Hoffentlich mögen die Hunde…“ denke ich und gehe Ole hinterher, im Kopf schon Entschuldigungen fertig formuliert.
Es ist dunkel, morgens um viertel nach sechs in Glückstadt, Anfang November. Und kalt. Fünf Grad, die sich in nasser Luft viel kälter anfühlen.
Nach dem Aufstehen um halb sechs habe ich die wohlig temperierte Kajüte zusammen mit Ole, unserem Bordhund, verlassen und bin mit ihm eine nicht ganz große, aber zumindest etwas längere Runde gegangen. Gleich kommt Oliver, mein Bruder, der durch und durch Segler ist und mich begleiten wird: Auf einem Törn nach Helgoland.
Ole und ich sind gestern von Hamburg aus schon mal hier her, nach Glückstadt, gefahren. Oliver hat nur zwei Tage Zeit und möchte vor allem auf dem Schlag zur Hochseeinsel dabei sein.
Von Hamburg aus sind das etwas über 100 Seemeilen, davon ungefähr 30 Seemeilen über die offene Nordsee. Anfang November. In der Zeit, wo eigentlich immer Wind ist, und meistens auch nicht zu knapp.
„Warum genau stehe ich um viertel nach sechs in der Kälte und warte auf meinen Bruder, damit wir uns dann auf der Nordsee durchkneten lassen können…?“ sinniere ich, während wir wieder zur JULIUS gehen.
Es war die letzte Möglichkeit. Um zehn Uhr war Niedrigwasser, wir wollten eigentlich schon seit einer halben Stunde unterwegs sein, nach Glückstadt, zurück in Richtung Hamburg. Die Chance war gering, aber groß genug, um noch einen Augenblick in Helgoland liegen zu bleiben und es zu versuchen.
Nachdem wir eine spannende Rückfahrt von Helgoland nach Glückstadt hatten, mussten Bordhund Ole und ich ja noch wieder zurück nach Hamburg fahren. Das haben wir dann am nächsten Tag gemacht – eigentlich ist dieser Törn ja schon fast Routine.
Nicht allerdings im November, wenn die Tide vorschreibt, dass wir erst mittags ablegen können. Denn so kamen wir erst in der Dämmerung, die um diese Zeit ja schon nachmittags einsetzt, in Hamburg an. So hatten wir eine schöne Lichterfahrt durch Hamburg, was ja durchaus beeindruckend ist.