Boot im Winter: Ofen an Bord – welcher? Und wohin?

Die JULIUS im letzten Winter in Glückstadt

Ich nutze die JULIUS auch im Winter und halte mich oft dort auf. Bisher lag das Boot über Winter still in Glückstadt und ich bin nicht gefahren, außer vielleicht mal im November bei Kälte und Schneeregen nach Helgoland. Unzweifelhaft sind November und Dezember keine guten Monate, um Boot zu fahren: Das Wetter ist meist grau und windig, die Tage sind kurz.

Aber ab Ende Januar kann schon schöne Tage geben, mit Sonne und schöner, knackiger Winterkälte. Vielleicht gibt es sogar noch mal etwas Schnee im Februar oder März?

Doch für dieses Jahreszeit ist meine Bootselektrik nicht ausgelegt: Die Solaranlage produziert sehr wenig (hauptsächlich, weil die Solarpaneele flach liegen und nicht ausgerichtet sind), meine Batteriekapazität reicht – wenn ich arbeite und Computer betreibe – nur für knapp zwei Tage (mehr dazu beispielsweise unter Hybridbatterie mit BOS LE300: Jetzt macht es Spaß – Erfahrungen, Empfehlungen und Tipps). Wenn die Webasto Diesel-Heizung durchgehend läuft, sind das eher 1 1/2 Tage.

Schon sehr lange schaue ich sehnsüchtig auf all die schönen Dieselöfen, die beispielsweise Toplicht hat:

Dieselöfen bei Toplicht

So ein Ofen erzeugt eine wunderbare Wärme, entfeuchtet die Luft (was im Winter immer ein Thema auf Booten ist), sieht schön aus und – wichtig! – läuft ohne Strom.

Doch: Es gibt einfach keinen Platz auf der JULIUS, wo ein Ofen platziert werden könnte.

Wohin, wohin?

Salon der JULIUS

Seit sicher drei Jahren überlege ich immer und immer und immer wieder: Wo könnte ich einen Ofen hinstellen? Bisher ohne Ergebnis.

Vor ein paar Wochen stand ich mal wieder nachdenkend im Boot, in diesem Fall in der Pantry:

Die Pantry (ein altes Foto von 2014)

Diese runde Sitzecke sieht zwar schön aus, ist aber sehr unpraktisch und verschwendet Platz. Ich hatte schon daran gedacht, diesen Essplatz vollkommen zu sprengen und neu zu bauen – der Aufwand war aber deutlich zu hoch. Mein Blick wanderte über die Sitzgruppe, und hoch zur Decke… „mmmh… da ist ein Loch in der Decke für den Lüfter…“. Kurz einen Zollstock geholt, gemessen: „Das Loch ist fast 10cm groß… was, wenn da das Rauchrohr eines Ofens durchpassen würde…?“

Danach blieb ich auf dem vorderen Drittel der runden Sitzgruppe hängen. Der ganze Bereich wird zum Essen nur von mir alleine genutzt, sonst essen wir im Salon oder draußen. Ein Drittel des Polsters ist schlicht ungenutzt. Und ist sehr dicht unter dem Loch für die Lüftung positioniert.

Flugs habe ich ein paar weitere Maße genommen und hatte dann den Heureka-Moment: Ich habe einen Platz für einen Ofen gefunden!

Was für ein Ofen? Diesel- oder Holz?

Oben schrieb ich von Dieselöfen: Die verbrennen Dieselöl, das von einem Tank mittels Schwerkraft zum Ofen läuft und dort mit kleiner Flamme verbrannt wird. Die Flamme ist meist durch ein Sichtfenster zu sehen, ist aber nicht mit einem Kamin oder Holzofen vergleichbar. Ein Ölofen arbeitet ohne Strom und brennt solange vor sich hin, wie Diesel im Tank ist oder die Zufuhr aktiv abgestellt wird. Die Luft für die Verbrennung wird aus der Kabine entnommen: Durch die Verbrennung der warmen, feuchten Luft aus dem Boot während kalte, trockene Luft von außen nachströmt, wird die Luftfeuchtigkeit drastisch reduziert.

Der Betrieb ohne ständige Aufmerksamkeit ist ein großer Vorteil. Doch wohin mit dem Tank? Und will ich mit geruchsintensivem Diesel im Lebensraum des Boots hantieren? So richtig hat mich das letztlich nicht überzeugt.

So habe ich angefangen, mich für Holzöfen zu interessieren.

Eines von vielen Youtube Videos über Holzöfen an Bord von Booten. Hier mit einem Hobbit SE Ofen aus England.

Der Gipfel der Gemütlichkeit: Ein Holzofen.

Der Ofen soll bei mir schon heizen und die Temperatur im Boot halten, oder auch ein über Nacht abgekühltes Boot wieder wärmen. Um eine über Tage völlig ausgekühlte JULIUS wieder aufzuheizen, dafür habe ich die Webasto Diesel Heizung. Die kann ich aus der Ferne via SMS anschalten und komme dann auf ein bereits warmes Boot.

Auch die Entfeuchtung der Luft ist mir wichtig, auch wenn das mir ein eher kleines Thema ist (die Webasto saugt auch kalte Luft von außen an und trocknet somit das Boot, siehe REFITTING JULIUS – 7: Webasto Heizung – Schalldämpfer, Luftfeuchtigkeit, Regelklappe + Isolierung). Die Stromersparnis ist ebenfalls willkommen.

Vor allem aber: Der Ofen soll einfach schön sein. Ich möchte das knistern von Feuer hören, den flackernden Schein genießen, mit einem guten Buch davor sitzen und den Winter genießen. Am besten bei Schneefall vor Anker irgendwo in der Natur.

Das kann ein Dieselofen so nicht leisten. Das kann nur die Verbrennung von Holz.

Welcher Holzofen auf meinem Boot und warum?

Der Tiny Stove aus der Schweiz.

Schnell war ich bei einem Cubic Mini aus Kanada, gesehen unter anderem bei Sailing Uma:

Ein Cubic Mini auf der Uma

Auch Nico und Sabrina von der SY Morgenstern hatten sich dafür entschieden (siehe der Kaminofen auf sonnensegler.net). Ein Cubic Mini ist sehr schön, aber mittlerweile nur über Umwege nach Deutschland zu importieren. Und ganz auf dem Stand der Technik ist er auch nicht mehr: Mir fehlt da die Scheiben-Hinterlüftung und die Farbe muss selbst eingebrannt werden, ein nicht ganz einfacher Prozess, wie Nico erleben musste.

Sehr schön ist auch der oben im Video gezeigte Hobbit SE, dazu sehr modern und emissionsarm. Allerdings produziert er bis zu 4kW Wärme und ist wohl um die 50kg schwer. Um dieses Gewicht in jedem Seegang zu halten muss schon sorgfältig und massiv gebaut werden.

Tatsächlich muss ich darauf achten, dass der Ofen nicht zuviel heizt. Meine Webasto hat 3,5kW. Um die Temperatur im Boot zu halten, sind nur um die ein bis zwei kW notwendig. Ein 4kW Holzofen würde vermutlich so viel Hitze produzieren, dass ich mich gar nicht davor aufhalten kann.

Letztlich bin ich bei dem Tiny Stove aus der Schweiz hängen geblieben.

Tiny Stove Imagefilm.

Dieser kleine Ofen wiegt nur 13kg und produziert bis zu 3kW Wärme – das sollte für die JULIUS absolut ausreichen! Der Tiny Stove hat eine Ascheschublade (damit der Ofen lange betrieben werden kann, ohne Asche aus dem Brennraum entsorgen zu müssen) und eine Scheiben-Hinterlüftung (wodurch die Scheibe lange klar und der Blick auf das Feuer ungetrübt bleibt). Eine Sekundärbelüftung sorgt für emmisionsarmen Betrieb. Er wird in Handarbeit und sehr sorgfältig in der Schweiz von Andres in seiner Ofenmanufaktur hergestellt.

Ja, durch das geringe Gewicht und die Verwendung von Stahl statt Gusseisen hält der Ofen nicht lange die Wärme, nachdem das Feuer aus ist. Diesen Kompromiss gehe ich aber zugunsten der geringen Gewichts gerne ein.

Ein wichtiges Argument für den Tiny Stove ist: Das Rauchrohr hat nur 8cm Durchmesser! Das Loch, was ich für die Lüftung über dem Essplatz habe, hat 9,5cm. Somit passt das Rohr inklusive notwendiger Isolierung wunderbar durch das vorhandene Loch, ohne, dass ich am Stahl des Bootskörpers etwas verändern müsste.

Platz für den Holzofen und notwendige Umbaumaßnahmen

Ich werde ein Drittel der Sitzecke am Essplatz umbauen (lassen):

Polster und Rückwand sind schon ab, dort kommt der Holzofen hin.

Den Hauptteil der Arbeit wird meine Bootsbauerin Insa Steinert machen, die wirklich schöne Sachen mit Holz bauen kann. Sie wird auf Höhe der Sitzfläche eine Ebene schaffen, die bis zur Bordwand geht. Darauf kommt ein Podest, auf dem dann der Ofen stehen wird.

Zwischen Ofen und Bordwand wird eine kleine Trennwand gebaut, hinter der dann Holz gelagert werden kann, der Stauraum unter dem Ofen wird über eine Klappe zugänglich bleiben. Und mit dem Tisch – damit habe ich etwas Besonderes vor, worüber ich später schreiben werden.

Das Rauchrohr und den Schornstein habe ich auch schon durchgeplant und mir eine lange Einkaufsliste erstellt, auch dazu später mehr. Ein interessantes Detail möchte ich aber jetzt schon erzählen: Was kommt draußen als „Abschluss“? Wie verhindere ich, dass starke Winde in den Schornstein drücken und möglicherweise Asche in den Wohnraum pusten?

Auch hier habe ich ausführlich recherchiert und gelernt. Ein H-Abgasrohr ist wohl schon sehr gut, passt aber nicht zu dem Rohrsystem, was ich verwenden werde. Der Rotowent Dragon soll noch besser sein und ist ein ziemlicher Blickfang:

Video eines Rotowent Dragon im Betrieb.

Der Rotowent Dragon bewegt sich mit dem Wind und führt den Rauch immer auf die windabgewante Seite. Regen kann so nicht eindringen, und zusätzlich lenkt er Wind durch Lamellen so, dass er den Zug im Schornstein verstärkt. Das macht schon einen sehr durchdachten Eindruck.

Wie ist es mit der Belästigung durch Rauch?

Könnten Nachbarlieger durch Rauch oder gar Ruß gestört werden? Der Duft eines Holzfeuers wird allgemein ja eher positiv aufgenommen, die meisten Menschen verbinden damit das Gefühl von Gemütlichkeit. Starke Rauchbelästigung sollte meinen Recherchen nach nicht entstehen, wenn gutes Brennmaterial verwendet wird. Auch Ruß dürfte dann kein Thema sein.

Trotzdem würde ich den Ofen vermutlich nicht in einem vollen Hafen, wo links und rechts direkt andere Boote neben mir liegen, betreiben. Das wird die Zeit aber zeigen – erstmal muss die Essecke umgebaut und der Ofen installiert sein.

Holz, Brickets, Presspäne – was verbrennen?

Der Tiny Stove wird seinem Namen gerecht und ist: Klein. Dafür brauche ich schon Brennstoff, der nicht zu groß ist. Sicher gibt es Holzscheite, die klein genug sind. Kohlebrickets würden auch passen, verbrennen aber wohl zu heiß und produzieren auch kein schönes Flammbild.

Ideal scheinen mir Holzbrickets aus Presspänen zu sein. Die gibt es auch in kleinem Format, wie diese hier:

Ich werde da experimentieren müssen, welches Brennmaterial ökonomisch und praktisch sinnvoll ist. Auf jeden Fall werde ich eine gute Menge davon lagern können, das ist in den Umbauplänen alles berücksichtigt.

Noch ein wichtiger Faktor, der für einen Ofen spricht: Ausfallsicherheit

Ein Ofen – egal ob Holz- oder Dieselofen – hat noch einen großen Vorteil, der idealerweise nie zum Tragen kommt: Wenn die Hauptheizung (bei mir die Webasto) ausfällt, wird der Ofen in jedem Fall noch funktionieren! Gerade bei einem Holzofen gibt es praktisch nichts, was kaputt gehen kann: Es gibt keine Elektrik und keine möglicherweise empfindliche Mechanik. Solange Holz da ist, kann es verbrannt werden.

Und eine typische Diesel-Warmluftheizung wird ausfallen, wenn sie wirklich intensiv genutzt wird. Webasto und Eberspächer schreiben eigentlich eine regelmäßige Wartung bei einem Fachbetrieb vor, was natürlich in der Praxis eines Bootseigners völlig unrealistisch ist. Den Ofen als Backup zu haben scheint mir keine schlechte Idee zu sein, wenn das Boot auch im Winter genutzt wird.

Insgesamt ein spannendes Projekt, dem ich sehr entgegenfiebere. Weiter geht es in Teil zwei dieser kleinen Serie: Holzofen an Bord: Umbaumaßnahmen zur Lounge Area, Planung für Rauchrohre und Schornstein.

3 Kommentare zu “Boot im Winter: Ofen an Bord – welcher? Und wohin?

  1. Markus Weber

    Hallo Julius,

    Ich bin deinem Rat auf Youtube gefolgt und habe deinen Blog aufgerufen.
    Klasse Lesematerial, sehr gute Erklärungen und Tipps, vielen Dank dafür.
    Bin genau rechtzeitig gekommen um hier das Holzofen Projekt zu finden.
    Ich kann mir nichts schöneres vorstellen als ein schönes gemütliches Holzfeuer auf einem Boot bei Schmuddelwetter.
    Bin sehr gespannt wie das hier weitergeht!

    Viele Grüße vom Kaiserstuhl

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