Die JULIUS ist bei der Yachtwerft Glückstadt. Eigentlich sollten nur ein paar Lackierarbeiten gemacht und eine Lage Antifouling auf das Unterwasserschiff aufgebracht werden.
Eigentlich.
Die Lackierarbeiten sind schon gut fortgeschritten, und ich sehe da schon, dass die Jungs dort ganz hervorragende Arbeit leisten – genau so, wie es mir auch schon andere Bootseigner erzählt haben. Auch die Beratung, konkrete Angebote und einfach der persönliche Umgang – ich fühle mich hier sehr gut aufgehoben.
Diese Werft scheint mir eine sehr gute Ergänzung zur Julius Grube Werft zu sein, die bei mir schon immer super Arbeit in den Bereichen Stahlbau, Maschine und Hydraulik geleistet haben.
Nach dem Waschgang jedenfalls sind leider einige Stellen aufgetreten, an denen die Beschichtung nicht gehalten hat und Korrosion sichtbar ist. Beispielsweise am Bugwulst und Bugstrahlruder:
Oder am Ruder und den Flossen von den Stabilisatoren:
Nun wissen wir ja alle, dass das Leben eines Bootseigners häufig von Überraschungen geprägt ist. Und nicht immer sind diese positiv.
Tatsächlich hatten der Gutachter und ich schon beim Kauf der JULIUS gesehen, dass die Beschichtung nicht mehr glatt sondern vielmehr vielfach ausgebessert war.
Grundsätzlich war mir also bewusst, dass da mal Handlungsbedarf entsteht – nur hätte ich gerne noch ein paar Jahre mehr Zeit gehabt. Zumal beim letzten Slippen im Herbst 2016 noch alles gut aussah.
Die Frage ist nun: Was ist in den letzten anderthalb Jahren passiert, dass die Beschichtung an so vielen Stellen nicht mehr hält?
Denn: Eigentlich hält eine professionell applizierte 2K Epoxy-Beschichtung so lange, bis sie beschädigt wird oder unterhalb der Beschichtung etwas passiert: Elektrolyse ist hier das Stichwort.
Tatsächlich waren auch die Zink-Anoden praktisch völlig aufgebraucht. Diese Anoden waren drei Jahre alt, sahen im Herbst 2016 aber auch noch gut aus, so dass wir sie nicht getauscht haben. Ein Fehler?
Eine Theorie ist: Die Anoden waren aufgebraucht, es fand Elektrolyse statt, daher arbeitete es unterhalb der Farbe und deswegen hielt sie nicht mehr.
Daraus folgt aber sogleich die nächste Frage: Wo könnte so eine Elektrolyse herkommen?
Der Klassiker ist der Schutzleiter vom Landstrom, der ohne Trenntrafo oder galvanischer Isolator mit der Schiffserde – also dem Rumpf – verbunden ist. Nur: Die JULIUS ist 25 Jahre alt, und ich habe so eine Verbindung bisher nicht entdeckt (und habe auf der ToDo Liste, das zu ändern).
Einen anderen Verdächtigen hätte ich noch: Eine 12V Batterie (Starterbatterie für den Generator und Puffer für die Stromversorgung der Ruder-Hydraulikpumpe). Die entlädt sich von selbst, wenn auch sehr langsam (in zwei Wochen Ruhe 0,1 Volt Spannungsabfall). Eine Ursache dafür habe ich bisher nicht gefunden, aber so ein Vorgang kann meines Wissens nach auch Elektrolyse am Rumpf erzeugen.
Doch auch hier ein Gegenargument: Diese Batterie war schon beim Vorbesitzer genau so in Betrieb, und der Mann war Experte – er hätte so ein Problem doch sicher bemerkt?
So bleibt die Ursache für die Haftungsprobleme noch im Dunkeln. Für mich stellt sich jetzt die Frage, wie geht es weiter?
- a) Nur die einzelnen Stellen strahlen und neu beschichten für viel Geld?
- b) Das ganze Unterwasserschiff gleich ordentlich machen, also alles strahlen und neu beschichten für zweimal so viel Geld?
Für a) spricht natürlich ein geringerer finanzieller Aufwand, der aber immer noch erheblich ist (vermutlich ein mittlerer vierstelliger Betrag). Nur wie lange hält das dann? Wann löst sich die Beschichtung an anderen Stellen ab? Muss dann nächstes Jahr wieder was gemacht werden?
Die echte Lösung scheint nur b) zu sein: Alles runter, sauber standstrahlen und professioneller, neuer 2K Epoxy Aufbau. Kostet zweimal so viel wie die Ausbesserung, weil die Rüstaufwände (Einhausen, Gerüste etc.) die Gleichen sind.
Egal wie ich mich entscheide: Ich brauche eine Erklärung, warum sich die Beschichtung gelöst hat. Denn das soll nicht noch mal passieren.
Und einen interessanten Zufallsfund haben wir noch gemacht: Am Bugwulst ist eine Platte aus Edelstahl aufgeschweißt. Warum? Ich weiß es nicht. Vielleicht kann mir der Vorbesitzer hier helfen, ich habe ihn angeschrieben.
Nächste Woche erhalte ich ein konkretes Angebot von der Yachtwerft Glückstadt, und dann muss ich mich entscheiden.
Hallo Julian, ich fürchte, hier waren mehrere Ursachen am Werk. Zum ersten fällt auf, dass die Farbe im gesamten Unterwasserbereich „geflickt“ aussieht, es sind überall harte Kanten („Abbruchkanten“) sichtbar, die auf den Fotos so wirken, als ob sie über einen Millimeter tief sind. Das findet man üblicherweise, wenn der Untergrund nicht ausreichend entrostet wurde, es sieht nicht nach Schleifen oder Sandstrahlen aus, sondern nach „grobem Entfernen von dicken Rostschichten“ und „Ausbesserungsarbeiten an 1-K-Ausbesserungen mit 2K-Epoxy“ – dafür – und für massive Haftungsprobleme – spricht der flächige, plattenartige Farb-(-schicht-)-Verlust, quasi von harten Schichten auf weichem Untergrund. Hinzu kommt, dass – zumindest nach meinem Eindruck – zu wenig / zu kleine Anoden zum kathodischen Korrosionsschutz eingesetzt sind – dazu gibt es einige Vorgaben und Hilfestellungen in dem GL-Dokument http://rules.dnvgl.com/docs/pdf/gl/maritimerules/gl_vi-10-2_d.pdf im Abschnitt 7, auch und besonders über Bemessung und Verteilung. Wenn diese Anoden auch noch abgetragen oder korrodiert/passiviert sind, reicht das unter Umständen aus, um die ohnehin nicht optimale Epoxidschicht zu unterwandern – ohne zusätzliche elektrolytische Korrosion. Darauf deutet auch die farbfreie VA-Platte am Wulstbug, die – wenn Galvanik oder Elektrolyse im Spiel wäre – eigentlich nicht angegriffen sein dürfte. Ich würde mal als (vorläufiges?) Fazit annehmen, dass die Substanz bereits bei der letzten „Überholung“ schon nicht mehr so prickelnd war, die dann „für’s Auge“ (für nicht-Kölner: rein kosmetisch) durchgezogen wurde. Mein (privater und subjektiver) Vorschlag: Sandstrahlen des UW-Schiffs nach Sa 2 1/2, Aufbau der Konservierung mit Zinkepoxy oder Zinksilikat (letzteres hat den Vorteil, dass es auch bei niedrigeren Temperaturen verarbeitet werden kann, muss allerdings im Airless-Verfahren aufgetragen werden), anschließend 4 Schichten Teer-Epoxy, dann Antifouling. Alles andere wird meines Erachtens spätestens nach 4 Jahren teurer.
Hallo Michael,
vielen Dank für Deinen wie immer exzellenten Kommentar, das hilft mir sehr weiter!
…hatte ich vergessen: wir haben eingem Artikel zu kathodischem Korrosionschutz auf unserem Server. Auf jeden Fall unterhaltsamer als die GL-DNV Richtlinien…
NiCr18 und dergleichen hat auf Schiffsstahl definitiv nichts zu suchen! Am Bugwulst sowas anzubringen halte ich für Pfuscherei. Dann teile ich auch die Meinung von M.Hermann. Anoden zu klein, Frage: haben die sich auch „gesehen“. d.h. jede Anode sieht die Andere. Wir haben auf der gleich grossen Escape min. 15 kg Alu-Anoden aufgebracht. Auch wenn diese sich schneller auffressen lassen. 3 Jahre hielten diese immer.
Das Schiff lag immer im Wasser, mehrheitlich Süss- aber auch Salzwasser. Und in Südfrankreich hatten wir „Fremdstrom“ am Liegesteiger festgestellt. Trotzdem nirgendwo solche „Abblätterungen“ der Epoxy-Grundierung festgestellt. Auch das neue Schiff erhielt bei der Erstwasserung 1999 eine Zink-Epoxy-Grundierung direkt auf den blanken Stahlt. Darüber dann der Lackaufbau und schlussendlich Jotun-Antifouling. Keine Stelle weist solche Effekte wie bei Dir auf.
Hallo Thomas,
danke für Deine Einschätzung! Die Lage der Anoden ist ok, die sehen sich gegeneinander. Vielleicht waren sie tatsächlich zu klein – ich werde das prüfen.
Hallo Julian,
möglicherweise soll die VA-Platte die „Schiffserde“ verbessern. Dazu sollte der Vorbesitzer Stellung nehmen können. Bezüglich der Fehlstellen des Rumpfes kann ich dem Vorschreiber nur beipflichten: in jedem Fall komplett strahlen und die Beschichtung neu aufbauen. Viel Glück und weiter so mit Deiner Seite.
P.S.: Darüber hinaus würde ich dringend empfehlen, die Zinkanoden häufiger zu wechseln. Auch optisch ordentlich aussehende Anoden sind in vielen Fällen „tot“.
Hallo Peter,
danke für Deine Einschätzung – ja, der Kollege von der Werft meinte auch, dass die Anoden jährlich kontrolliert werden müssen. Da muss ich dann wohl mal tauchen – denn eigentlich will ich das Schiff nicht jedes Jahr aus dem Wasser holen.
Hallo Julian,
ich habe unter der Flying Martha genau das gleiche Problem. Bei mir sind dies aber vor allem die Stellen, auf die von Innen etwas aufgeschweißt wurde. Dies ist augenscheinlich mal nach dem Werftausbau passiert. Und genau an diesen Stellen fängt das Boot in der Regel zuerst an mit rosten. Auch ein guter Lackaufbau hat bisher nur immer kurz etwas geholfen. Hier spielt in meinen Augen dann die unterschiedliche Stahlqualität auch eine Rolle und wie geschweißt wurde. Also, wenn es da erkenntnise gibt, dann lass uns diese Wissen.
Danke, Martin
Hallo Martin,
bei mir wurde nur die Edelstahl-Platte an der Bugnase nachträglich rangeschweisst – als Schutz vor dem fallenden Anker.
Ich bin dabei zu organisieren und zu entscheiden, wie es weiter geht und werde natürlich darüber berichten 🙂