Schönes Praestø. Schönes Agersø. Und eine Fahrt zum abgewöhnen.

Blick über einen Teil des idyllischen Hafens von Praestø.
Blick über einen Teil des idyllischen Hafens von Praestø.

„Komm, wir gehen noch mal mit dem Hund!“ sagt Steffi zu mir, und schon spazieren wir entlang des idyllischen Hafens von Praestø, der am Ende der Faxe Bugt liegt:

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Eigentlich wird die Faxe Bugt nur überquert, um nach Kopenhagen zu kommen – die Fahrt an das Ende dieser Bucht ist ein Umweg. Wir sind allerdings froh, diesen Abstecher unternommen zu haben. Der Hafen ist ruhig und sehr geschützt, groß genug, bietet alle Versorgungsmöglichkeiten und hat eine interessante Landschaft, die zum wandern einlädt. Mich haben die sanften Hügel an die Toskana erinnert.

Einige urige Häuser rund um den Hafen glänzen in der Abendsonne.
Einige urige Häuser rund um den Hafen glänzen in der Abendsonne.

Als wir zurück kommen glänzen die urigen Häuser am Hafen in der warmen Abendsonne. „Es gibt bestimmt schönere Orte, aber mir gefällt es hier gut.“ meint Steffi. Während ich mich umschaue und überlege, warum auch ich mir hier sehr wohl fühle, kommt ein älterer Herr, mit Schlips, Kragen, Kapitänsmütze und einer Trompete.

„Oha, muss ich heute mal Flaggenparade machen…?“ witzel ich noch, während der elegante Herr sich tatsächlich aufbaut und einen Zapfenstreich in alle vier Himmelsrichtungen schickt.

Wenn der Zapfenstreich ertönt machen auch Traditionsmuffel Flaggenparade.
Wenn der Zapfenstreich ertönt machen auch Traditionsmuffel Flaggenparade.

Ich gebe es zu: Die abendliche Flaggenparade halte ich für eine überholte Tradition und befolge sie nicht. Aber möchte ich diesen stolzen Herrn kränken? Sicher nicht.

„Ich glaub, ich geh mal kurz zum Boot…“ sage ich und setze mich in Bewegung. Doch die JULIUS in Sichtweite sehe ich Leo, der schon auf dem Achterdeck steht und die Flagge einholt!

Mir war nicht bewußt, dass ihm der Begriff der Flaggenparade überhaupt etwas sagt… aber offensichtlich hat ihn der trompeterische Zapfenstreich aufgeschreckt, er hat gesehen, dass andere Skipper die Flagge einholen und daraus den richtigen Schluß gezogen.

Nach dem Zapfenstreich bekommen wir noch fast eine Dreiviertelstunde kostenloses Trompetenkonzert, das wunderbar zu der sommerlichen Abendstimmung passt.

Trompetenkonzert in Praestø.
Trompetenkonzert in Praestø.

Wir bleiben einen Tag und erwandern ein wenig von der Umgebung Praestøs: Westlich vom Hafen liegt ein großes, sehr schönes Herrenhaus. Dazu gehört auch ein Pony, das uns ausgiebig die Zunge entgegenstreckt:

Das Herrenhaus selbst ist prächtig, sehr gepflegt und liegt mitten in einem vornehmen Park. Sieht nach Geld aus.

Angrenzend allerdings sind landwirtschaftliche Gebäude und auch Schweineställe, in denen die Tiere eng eingepfercht ihr Dasein verbringen. So ein großes Haus verpflichtet und muss unterhalten werden, das ist sicher alles andere als einfach. Die Land- und Tierwirtschaft muss wohl da ihren Teil zu beitragen.


Wie angekündigt bringen die nächsten Tage viel Wind, und bevor es allzu ungemütlich wird laufen wir wieder durch den Bøge Strom und zwischen Møn und Seeland nach Vordingborg.

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„Das passt nicht! Vorsicht mit dem Baum!“ ruft ein Skipper, der bewaffnet mit einer Bierdose auf dem Deck stehend unser Anlegemanöver beäugt.

Der Hafen von Vordingborg ist voll, als wie ankommen. Am Ende des ersten Beckens, da wo die Wassertiefe etwas unsicher ist, erspähen wir einen Platz neben einem stabilen Metallboot, das schwer nach Langfahrt aussieht. Wir finden, unsere beiden Boote passen gut zueinander und laufen daher auf diesen Liegeplatz zu.

„Ich glaub nicht, dass das klappt“ ruft uns der weiterhin auf dem Deck stehende und offensichtlich schwer an der Bierdose tragende Segler zu. Offensichtlich sind wir hier nicht willkommen.

„Komm, lass uns in das andere Becken fahren, da sind noch Plätze frei“ meint Steffi.

„Nee, ich bin unsicher, ob es dort tief genug ist. Wenn der Typ uns nicht mag ist das seine Sache. Sicher werde ich jetzt nicht mein Manöver abbrechen, nur weil der Herr meint, wir sind nicht gut genug um neben ihm zu liegen.“ antworte ich und fahre ruhig und besonnen mit dem Manöver fort.

Tatsächlich ragt der Baum des achterlichen Mastes vom dem Segelboot etwas in die Box, die wir ansteuern. Wie schwer kann es sein, den Baum etwas zu verholen? Aber das Ausüben des bösen Blickes scheint dem Skipper wichtiger zu sein als sich zu bewegen.

„Lena, schnapp dir einen Fender und halte ihn dazwischen, falls wir dem Segler zu nahe kommen. Leo, ab an die Vorderleinen. Steffi an die Luv Achterleine!“ kommandiere ich meine Crew, als wir mit dem Bug bereits langsam in die Box fahren.

Mit einem Dampfer wir der JULIUS laufen Manöver langsam und ruhig ab, Hektik ist fehl am Platz. Alle befolgen ihre Anweisungen und es macht meiner Meinung nach einen fachmännischen Eindruck.

Und so klappt der Anleger auch bei dem vielen Wind perfekt, wir liegen gut, haben den Segler nicht berührt und dessen Skipper hat sich ohne weiteren Kommentar unter Deck verkrochen.

In Vordingborg neben einem Langfahrt-Segelboot.
In Vordingborg neben einem Langfahrt-Segelboot.

Neugierig bin ich ja aber schon, warum der Segler so missmutig uns gegenüber ist. Später tüdelt er am Bug seines Schiffes herum, als ich gerade auf dem Steg stehe.

„Moin! Machte vorhin den Eindruck, als wenn du Angst um dein Boot hattest…“ spreche ich ihn freundlich an.

„Ja, tut mir leid, ich war wohl etwas unwirsch. Wir liegen schon ein paar Tage hier und sind schon drei mal angefahren worden, weil die Leute nicht mit ihren Booten umgehen können. Da hab ich echt keinen Bock mehr drauf!“ kommt seine Antwort.

Na also, der Typ ist eigentlich nett und seine abweisende Art hatte einen Hintergrund. Tatsächlich schnacken wir noch lange über Langfahrt, Boote, Reviere und Technik und verstehen uns sehr gut!

Im Ort findet direkt beim Turm der Burgruine ein kostenloses Konzert statt. Einheimische und Touristen strömen mit Klappsitzen und Pickickkörben auf den Platz, lachen, klönen, sind fröhlich und entspannt.

Die zum Angriff bereit stehenden Orks, die Steffi mutig fotografiert hat, machen niemandem Angst. Realistisch betrachtet sind sie auch nur wenige Zentimeter groß, aus Bronze und beeindrucken höchstens Kleinkinder.

„Ich glaub, wir gehen schon mal zum Boot…“ meint Leo, als das Konzert beginnt. Ich war neugierig und wollte wissen, welche Musik hier gespielt wird. Live Auftritte an schönen Sommerabenden haben immer etwas magisches, ich mag das sehr. Hier allerdings werden Arien gesungen. Das ist durchaus beeindruckend zu hören, aber für unsere Kinder nur mäßig interessant.

Die Gesänge sind noch bis runter zum Hafen zu hören, und wir beschließend den Abend passend mit gutem Rotwein. Morgen soll es über Smålands Fahrwasser nach Agersø gehen.


Voll gegenan: Wind um sechs und eine 1,5m Welle, die steil und kurz ist. Willkommen zurück in Smålands Fahrwasser!

Der Dampfer stampft ordentlich, fällt ständig mit dem Bug in ein Wellental und schickt Gischt bis hinauf zum Steuerstand. Jede Welle bremst, so dass wir im Schnitt nur noch etwas unter fünf Knoten über Grund machen. Keine schöne Fahrt.

Die JULIUS wird ordentlich eingesalzen in Smålands Fahrwasser.
Die JULIUS wird ordentlich eingesalzen in Smålands Fahrwasser.

Die Kinder haben sich in die Achterkajüte verkrochen, dort ist das Stampfen nur wenig zu spüren. Steffi liegt mit Bordhund Ole im Salon und streichelt und beruhigt das Tier. Ole ist bei diesem Seegang, der ständig laute Schläge durch das Schiff schickt, unentspannt.

Zwei kurze Videos geben einen Eindruck, wie sich diese Fahrt angefühlt hat:

„Sorry, we’re about to leave, but we need more space. Would you mind to move your boat a little bit?“. Schon beim Ablegen in Vordingborg wehte es aus allen Knopflöchern. Die JULIUS mit dem Heck gegen den Wind in Richtung Hafenausfahrt zu drehen schien schwierig zu werden. Achteraus hatte gerade ein schwedisches Boot ein Päckchen gebildet und unseren Manöverraum bös eingeschränkt.

„Sure, no problem, we will just wait over there until you left and take your berth!“ kam die Antwort der Schweden.

Auch wenn wir nun etwas mehr Platz hatten, bin ich mit folgendem Manöver auf Nummer sicher gegangen: Mit einer langen Vorleine hat Leo die JULIUS gesichert, bis wir mittschiffs zwischen den Pfählen hingen. Dann Vorleine ab und eine kurze Leine auf Slip vom Luv-Pfahl zur Bugklampe.

Langsam weiter raus aus der Box, währenddessen hat Leo diese Vorleine dichter geholt, bis es nur noch ein kurzes Ende bis zum Pfahl war. Leine belegen, und schon konnte ich das Schiff um den Pfahl herum mit Maschinenkraft drehen, perfekt kontrolliert und in aller Ruhe. „Genau so macht man das!“ raunte der Langfahrt-Skipper, der uns gestern so unwirsch empfangen hatte, seiner Frau zu.

Der Winddruck war deutlich spürbar, und so dauerte es fast zwei Minuten, bis das Heck in Richtung Ausfahrt stand. Auf mein Zeichen schmiss Leo die Leine los und holte sie ein. Wir waren frei und konnten problemlos rückwärts aus dem Hafenbecken fahren. „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!“, sage ich mit mit einem Lächeln im Gesicht.

Und nun stampften wir also durch Welle in Richtung Agersø:

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Knappe fünf Stunden Hack gegenan. Normalerweise wären schon längst Stimmen laut geworden, die ein Abdrehen auf einen angenehmeren Kurs zu irgendeinem anderen Ziel gefordert hätten. Aber: Morgen wollen wir zwei befreundete Familien in Kerteminde treffen, und alle freuen sich sehr darauf.

Die Aussicht auf dieses Treffen motiviert, und so wird diese unangenehme Fahrt klaglos hingenommen.

„Willkommen! Wart ihr schon mal auf Agersø?“ ruft uns der Hafenmeister zu, als wir auf dem letzten Platz im kleinen Inselhafen fest sind.

„Nein, das ist das erste Mal“ antwortet Steffi.

„Also dann; Nochmal Willkommen!“

Wie nett!

Abends schläft der Wind ein, und wir erkunden noch ein wenig die Insel. Hyggelig! Ganz hyggelig!

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Kerteminde ist von hier nicht mehr weit, nur noch über den großen Belt und unter der Brücke durch. Das wird sicher ein angenehmerer Törn als heute.


Diese Geschichte spielt vom 3. bis 6. August 2017.

2 Kommentare zu “Schönes Praestø. Schönes Agersø. Und eine Fahrt zum abgewöhnen.

  1. Skipper Charly

    Hallo Julian,

    ich bin beim Lesen Deines schönen Törnberichts über das Ablegemanöver in Vordingborg gestolpert. Ich zitiere „Dann Vorleine ab und eine kurze Leine auf Slip vom Luv-Pfahl zur Bugklampe.

    Langsam weiter raus aus der Box, währenddessen hat Leo diese Vorleine dichter geholt, bis es nur noch ein kurzes Ende bis zum Pfahl war. Leine belegen, und schon konnte ich das Schiff um den Pfahl herum mit Maschinenkraft drehen, “

    Ich gehe davon aus, das der Wind kräftig von Steuerbord querab kam und die Maschine die ganze Zeit rückwärts lief. Nun kenne ich dieses Manöver so, das man eine Leine an der Mittelklampe (sofern vorhanden) befestigt und diese über den LUV-Pfahl wirft. Danach fiert man sie so lange, bis der Bug bei der Drehbewegung gefahrlos am LEE-Pfahl vorbei kommt. Dann setzt man die Leine fest. Dadurch erzeugt man einen starken Drehimpuls, der das Heck nach Steuerbord versetzt. Ist man mit dem Heck im Wind oder fast parallel zur Boxengasse löst man die Leine und fährt rückwärts Richtung Ausfahrt der Boxengasse. Man nimmt nicht die Bugklampe, da dort ein Segelschiff (und ich bin bisher ausschließlich mit Segelschiffen unterwegs) zu schmal ist um einen kräftigen Drehimpuls zu bekommen. Ich gehe daher davon aus, das die Julius auf Höhe der Bugklampe noch so breit ist, das die rückwärts laufende Maschine einen so kräftigen Drehimpuls erzeugt, das die Julius gut nach Steuerbord dreht. Ist das so? Oder habe ich einen Denkfehler?

    mit seglerischem Gruß
    Charly

    1. Julian Buß

      Hallo Charly,

      Du hast völlig Recht mit Deinen Überlegungen: Bei einem normalen Segelboot ist die Bugklampe tatsächlich ganz vorne am Bug, fast direkt an der Spitze. Da würde so ein Manöver nicht oder nur schwer funktionieren.
      Bei der JULIUS sind die Bugklampen aber nicht so weit vorne. Weiterhin waren die Pfähle sehr eng beieinander, so dass das Drehen nur um die Mittelklampe nicht funktioniert hätte.

      Ein anderes, vergleichbares Beispiel ist das Anlegen im Stadthafen von Kappeln, vielleicht kennst Du diese Örtlichkeit: Dort ist häufig ordentlich Strom quer zu den Pfählen. Viele Segler lösen das einfach, in dem sie mit ordentlich Speed in die Box preschen und dann mit AK achteraus aufstoppen. Geht oft gut, aber manchmal kracht das Boot dann auch an einen der Pfähle – eine wenig elegante Lösung.

      Mit der JULIUS – immerhin über 25 Tonnen – geht sowas gar nicht. So ein Boot kann man nicht so schnell aufstoppen, man kann es nicht halten und wenn wir irgendwo gegen fahren gibt es gleich richtig Schaden.

      Daher legen wir uns dort erstmal quer an die Pfähle, mit dem Bug gegen die Strömung. Dann eine Kurze Leine von der Bugklampe zum Pfahl. Maschine leicht voraus, bis die Leine auf Spannung ist. Dann Ruder legen und das Boot fängt an, sich mit dem Bug in die Box zu drehen. Die Leine langsam fieren, bis das Boot fast bis zur Hälfte in der Box ist, Achterleinen über die Pfähle, Bugleine ab und entspannt weiter in die Box – die Strömung wirkt nun fast nicht mehr und es sind nur noch wenige Meter bis zum Steg.

      Ansonsten arbeiten wir aber tatsächlich sehr viel mit der Mittelklampe. Vor allem wenn wir seitwärts anlegen ist die Mittelklamppe immer die erste Leine, die an Land kommt. Wenn diese Verbindung steht kann nichts mehr passieren.

      Schönen Gruß und immer guten Wind 🙂

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