„So richtig Lust habe ich nicht mehr…“
sagt der Skipper.
„So richtig Lust habe ich nicht mehr…“
sagt Steffi.
„Wann sind wir dahaaa…?“
fragen die Kinder.
„Wuff!“
fügt Bordhund Ole hinzu.
Wir sind unterwegs von der schönen Bucht bei Valön weiter zurück, weiter in Richtung Süden. Wieder durch den Sotakanalen, durch Kungshamm, an vielen schönen Schären vorbei wollen wir möglichst weit kommen. Denn: natürlich ist auch heute Wind, aber ab übermorgen soll drei Tage richtiger Starkwind herrschen: Bisher waren es ja immer nur zwischen fünf und sieben Windstärken, dann aber soll es kontinuierlich mit sieben bis acht wehen. Drei Tage lang!
Kommen wir eigentlich jemals zurück nach Hause? Diese Überlegung drängt sich schon irgendwann auf, wenn zwei Wochen lang jeden einzelnen Tag richtig viel Wind ist. Ohne Pause. Das ist schon sehr ungewöhnlich für dieses Jahreszeit.
Natürlich kann die JULIUS auch bei Starkwind auf dem Kattegat zur dänischen Ostküste fahren, oder auch an der schwedischen Küste in Richtung Öresund – was bei den herrschenden westlichen Winden allerdings vom Seegang her keinen Unterschied macht. Sich aber zehn Stunden oder mehr durch schwere See zu quälen, wer hat dazu denn Lust?
Irgendwann wird es schon mal ein Wetterfenster mit etwas weniger Wind geben, vielleicht nach diesen drei Starkwindtagen, die wir möglichst weit südlich abwettern wollen.
Aber – es ist ja Urlaub! – erstmal sind wir auch heute erst spät losgekommen. Der Windschatten einer dicken Schäre an unserem Ankerplatz bot immerhin die Illusion eines Sommers, und das wollten der Skipper und seine Crew nicht so schnell aufgeben. Der schon etwas spätmorgendliche Gassigang mit Ole war eine gute Gelegenheit, sich noch mal etwas körperlich zu betätigen:
Nachdem Skipper und Hund wieder an Bord waren, hatte die Crew auch fertig gefrühstückt und war soweit bereit zur Abfahrt. Ein sportlicher Workout war aber noch zu erledigen: der Heckanker. Gestern hatte ich ja noch den Heckanker ausgebracht, um zu verhindern, dass sich das Schiff zu sehr in Richtung Felsen dreht. Dieses Eisen wiegt immerhin 15 Kilo, daran hängen noch fünf Kilo Kette und 30 Meter Leine, was ich alles zusammen nun vom Grund holen musste.
Danach noch das Dinghy wieder an die Davits hängen, hochkurbeln und mit Spanngurten fixieren. Maschine prüfen, Tagestank befüllen, Boot seefest machen (denn wer weiß, welche durchgeknallten Norweger uns heute wieder überholen und durchschütteln, außerdem wird es wieder einige fast ungeschützte Strecken mit Seegang geben). Wer sich vorstellt, dass einfach nur der Schlüssel umgedreht werden muss und schon geht es los, kann erkennen, dass es so einfach nicht ist.
Irgendwann sind wir aber unterwegs und nach fünf Stunden Fahrt kurz vor Gullholmen.
Dort ergab sich der anfänglich erwähnte Dialog. Die bisher zurückgelegten 24 Meilen sind eigentlich nicht viel und es soll noch weiter gehen, aber die Luft war raus und alle wollten gerne ankommen.
„Ich schätze, Gullholmen ist total voll…“
sage ich noch, als wir direkt vor diesem sehr hübschen Ort sind, den wir vor zwei Jahren schon einmal besucht haben, damals noch mit der XENIA.
„…aber wenn da ein Platz am Kai ist, nehmen wir den.“
schließe ich meinen Satz, während wir auf den Kai zusteuern. Der innere Hafen ist so spät am Nachmittag und zu dieser Jahreszeit immer voll, da brauchen wir gar nicht erst reinzufahren.
„Klarmachen zum anlegen! Leo: Fender an Steuerbord! Steffi: Vor- und Mittelklampe klarmachen! Lena: hol Ole rein und pass auf ihn auf!“
kommen wenige Augenblicke später meine Kommandos. Da ist tatsächlich noch ein Platz frei, wo wir bequem seitlich am Kai anlegen können. Bis dahin sind es nur noch wenige Meter, das Schiff habe ich schon fast aufgestoppt und die Vorbereitungen müssen nun zügig erledigt werden. Steffi und die Kinder machen ihre Sache aber sehr gut und während ich die JULIUS längsseits an den Platz bringe sind alle Fender und Leinen klar.
Nun sind wir also unverhofft fest in Gullholmen, und alle sind zufrieden damit. Ole läuft schon auf das Laufdeck, schaut sich um und wartet, dass er an Land gehoben wird:
Der Ort liegt im Windschatten eines größeren Felsens, daher fühlt sich das Wetter hier wie Sommer an. Und sieht auch so aus:
Bei diesem unverhofft sommerlichen Nachmittag kommen Leo und Lena sogar auf eine etwas spleenige Idee: Sie wollen baden!
Auf so einen Gedanken sind wir in diesem herbstlichen Sommerurlaub bisher kaum gekommen. Aber hier, im Windschatten und wo die Sonne lacht… da kann man das ja vielleicht mal machen.
Während Steffi und ich den Kindern beim schwimmen zuschauen sehen wir eine Segelyacht suchend Kreise ziehen. ORA BLU heißt das Boot, von dem uns freundlich zugewunken und „können wir bei Euch längsseits gehen…?“ gerufen wird.
„Na klar, kommt ran!“
lautet unsere Antwort. Oft bleiben Segler ja gerne unter sich und legen sich nur an andere Segelboote ins Päckchen, einen echten Grund dafür konnte ich aber bisher nicht ermitteln. Vermutlich wird gedacht, dass man mit anderen Seglern eher ins Gespräch über einfache Themen wie eben dem Segeln kommt. Oder es ist eine instinktive „lieber in der eigenen Gruppe bleiben“-Handlung. Ich weiß es nicht.
Barbara und Peter von der ORA BLU jedenfalls hatten solche Gedanken offensichtlich nicht, sie sind gerne bei uns längsseits gekommen und wir kamen sofort ins Gespräch. Die beiden sind auch drei Wochen unterwegs, haben einen ähnlichen Zeitplan wie wir und suchen auch noch nach einem guten Hafen, wo sie die kommenden drei Sturmtage abwarten können.
Unser Klönschnack endete in einer für unsere Kinder vorteilhafte Situation: Sie hatten am Abend sturmfreies Schiff und konnten in Ruhe einen Film gucken, während Steffi und ich einen äußerst netten und feuchten Abend bei Barbara und Peter verbracht haben.
Dieser Eintrag spielt am 6. August 2016.
Toll geschrieben, echt aus dem Skipper-Leben und äusserst symphatisch. Solche Erlebnisse, als ehemaliger Sgeler, hatten wir nun als MOBO-Fahrer auch schon. Immer wieder schön sich zu erinnern.
hat mir gefallen, wir dieses Jahr ab 13.August auch von Göteborg gen Norden bis Oslo mit dem Segler unterwegs. WIr hatten bestes Wetter !! Bin die Strecke schöfter gesegelt. Finde das revier Göteborg gen Norden einfach wunderbar.
ja, das finden wir auch – traumhaft schöne Gegend, größtenteils geschützt, viele Ankerplätze, nette Menschen. Tatsächlich waren wir dieses Jahr wohl zur falschen Zeit unterwegs 🙂