„Kommen Sie den 24. Oder den 25. Januar vorbei, willkommen um dieses neues Yacht live zu sehen!“
So schrieb mir in schönstem holländischem Deutsch ein Mitarbeiter von Privateer Yachts auf meine Anfrage, ob ich mir den Privateer Trawler 54 angucken, Fotos machen und darüber schreiben kann. Ich mag Holland und die holländische Art, Deutsch zu sprechen, sehr gerne und so war mir der Herr von Privateer auf Anhieb sympathisch.
Schon am Sonntag habe ich einen ersten Blick auf dieses außergewöhnliche Schiff geworfen:
Meinen Termin hatte ich aber erst am Montag morgen, und so habe ich dieses Schiff erstmal von außen betrachtet. Natürlich sieht dieser Trawler grundsätzlich all den anderen Trawlern ähnlich: Die Kabinen sind im vorderen Bereich unter Deck, dann kommt mittschiffs das Ruderhaus und anschließend Pantry und Salon. Es ist ein Stahlschiff, wie so viele Boote von anderen holländischen Werften auch.
Warum ist dieses Schiff außergewöhnlich?
Die Privateer Yachts Werft ist ein kleiner Betrieb und baut um die drei Schiffe pro Jahr. Jedes Schiff folgt natürlich einem grundsätzlichen Bauplan (es muss übrigens kein Trawler sein, Privateer hat auch andere Typen im Angebot), ist ansonsten aber sehr individuell. Der Innenausbau, die Technik und auch viele Dinge im Außenbereich werden nach den Wünschen des zukünftigen Eigners gebaut.
Doch Individualität alleine ist noch nicht außergewöhnlich – das bieten andere Werften auch, wenn auch meistens nicht in so großem Maße.
Bei Privateer Yachts finde ich die große Liebe zum Detail, zusammen mit einer großen Erfahrung, was seegehende Motorschiffe leisten sollten. Dieser Trawler 54, den ich mir angeschaut habe, gibt einem sofort das Gefühl, in absoluter Sicherheit zu jedem Ziel zu kommen, das über Wasser erreicht werden kann. Ganz egal, ob über die Ostsee, Nordsee, Atlantik, Pazifik oder welches Meer auch immer. Und für die Binnenfahrt kann er sich auch erstaunlich niedrig machen. Hier haben wir ein richtiges „go anywhere“ Schiff!
Details, Details, Details
Hier mal ein paar Beispiele, auf welche Details die Menschen von Privateer achten:
Natürlich hat so ein Schiff Stabilisatoren gegen das Rollen im Seegang, alles andere wäre auch nicht ernst zu nehmen. Aber schaut mal auf die kleine Nase vor der Flosse des Stabilisators (rot eingekreist): Damit werden Hindernisse unter Wasser von dem Zwischenraum zwischen Flosse und Rumpf abgelenkt und die Gefahr, dass sich eine Leine, Netz oder ähnliches dort verfängt ist zumindest reduziert.
Die Propeller laufen natürlich nicht frei, sondern sind von einem kleinen „Kiel“ mit einem starken Skeg geschützt. Mit dieser Konstruktion kann das Schiff problemlos trockenfallen, ohne zu kippen. Die Ruder hinter dem Propeller sind übrigens ebenfalls sehr massiv und extrem stabil.
Am Bug fallen vor allem erstmal die blitzenden Edelstahl-Anker auf – das ist optisch zwar nett, aber für die Praxis nicht nötig. Schön jedoch ist das Edelstahlblech direkt am Bug bis kurz unter der Wasserlinie. So kann der Trawler durch ein paar Zentimeter Eis brechen, ohne dass die Beschichtung des Rumpfes Schaden nimmt.
Boote, die auf offener See eingesetzt werden, haben oft Haltegriffe an der Decke, damit man im Seegang guten Halt findet. Aber – warum sind diese Griffe eigentlich immer über dem Kopf?
Wenn das Schiff eine unerwartete Bewegung macht und man sich festhalten möchte, greift man instinktiv vor oder neben sich, eben dort, wo sich die Hand gerade ungefähr befindet. Aber man greift nicht nach oben, oder? Deswegen baut Privateer nicht nur an die meisten Möbel Schlingerleisten, sondern versieht diese Leisten auch noch mit einer Einbuchtung, in denen die Finger der nach halt suchenden Hand reingreifen können.
Im Rumpf sind tatsächlich Fenster, um Tageslicht in die Eignerkajüte zu lassen. Sollten diese Fenster eine Gefahr darstellen, wenn sich das Schiff in schwerer See auf einem Ozean bewegt? Das Foto gibt es nur unzureichend wieder, aber die Fenster und auch das Bullauge in dem Fenster sind so massiv, dass man den Eindruck hat, eine Dampframme könnte dagegen knallen ohne Schaden zu bewirken.
Die Klampen sehen auf den ersten Blick aus wie normale, hübsche, auf hochglanz polierte Edelstahlklampen. Das findet man auch auf anderen Schiffen. Aber wer genau hinschaut sieht: Keine Schrauben! Diese Klampen sind nicht einfach angeschraubt, sie sind mit dem Schiffskörper verschweißt. Und – was man nicht sieht – sie sind nicht nur auf das Deck geschweißt, sondern reichen auch noch in den Schiffskörper hinein und sind dort auch angeschweißt.
Das waren nur einige Beispiele. Wer sich dieses Schiff mit wachem Blick anschaut, wird noch so viel mehr Liebe zum Detail erkennen. Ich habe bei der Besichtigung ganz oft gedacht „ja, genau so macht man das“ oder „da hat jemand bis zu Ende gedacht“.
Hier erinnert mich Privateer an Apple: Bei Apple Produkten wird auch an so vielen Stellen so stark auf Kleinigkeiten geachtet, auf oberflächlich betrachtet sinnlose Dinge wie Symbole oder die Position von Buttons zerbrechen sich Ingenieure lange den Kopf. Am Ende steht jedoch eine Lösung, die gut funktioniert und die man gerne verwendet. Und genau diesen Eindruck habe ich auch von Privateer.
Interieur
Der Innenausbau ist individuell und vom Geschmack des Eigners abhängig, daher können die folgenden Fotos nur einen Eindruck davon geben, wie so ein Schiff von innen aussehen kann. Vom Design abgesehen habe ich aber auch innen den guten Eindruck, den ich von außen gewonnen habe, bestätigt bekommen: Alles ist sehr hochwertig gebaut und darauf ausgelegt, nicht nur lange zu halten, sondern dabei auch noch gut auszusehen.
Ein Highlight des Trawler-Konzeptes ist immer das Ruderhaus, hier mal zwei Fotos davon:
Der Platz für Elektronik und Instrumente ist bei diesem Ausbau zu klein für die ganz große Fahrt – wer mehr Geräte unterbringen möchte, bekommt von Privateer sicher auch eine größere Konsole gebaut. Schön ist das Setee direkt hinter dem Steuerstand. So kann man unterwegs dem Rudergänger Gesellschaft leisten.
Einen Außensteuerstand auf der Flybridge ist natürlich auch vorhanden:
Die Eignerkajüte ist direkt mittschiffs, nahe am Schwerpunkt des Schiffes. Also genau an dem Punkt, wo die Bewegungen am geringsten sind:
Hier schläft es sich vermutlich auch bei Seegang gut, ein ruhigerer Platz ist wohl kaum zu finden.
Die zweite Kajüte ist im Bug:
Das, was hier wie ein festes Doppelbett aussieht, kann im Handumdrehen durch einen Schiebemechanismus zu zwei einzelnen Kojen gewandelt werden. So wird man jeder Situation gerecht.
Schließlich noch eine Impression von Pantry und Salon:
Auf mich wirkte der Innenausbau sehr elegant, aber trotzdem schiffig und in einem Stil, der zeitlos ist und sicher auch noch in vielen Jahren gefällt.
Technik und Maschinenanlage
Diesem Thema werde ich später einen eigenen Artikel widmen. Denn: Auf der Messe konnte ich den Maschinenraum mangels Zeit nicht mehr inspizieren, auch wenn mich das noch sehr interessiert hätte.
Vorab aber so viel: Dieser Trawler war mit zwei Maschinen ausgerüstet, Standard-Ausstattung ist eine Maschine von John Deere mit knapp 250 PS und eine Brennstoff-Kapazität von 5.500 Liter.
Bei 7 Knoten schätze ich den Verbrauch auf 1,5 LIter pro Seemeile, was dann mit 15% Reserve eine Reichweite von ungefähr 3.100 Seemeilen ergibt. Wer noch weiter kommen will, fährt einfach etwas langsamer.
Bug- und Heckstrahlruder sowie die Ankerwinsch sind hydraulisch betrieben, auch hier sieht man den professionellen Anspruch. Der Standard-Generator kommt von Fisher Panda und leistet 6,8kW, die Stabilisatoren sind hydraulisch betriebene Finnen und ansonsten gibt es natürlich beliebige Optionen, die eingebaut werden können.
Abschließender Eindruck der Privateer Yachts Trawler 54
Ich beschäftige mich nun schon seit vielen Jahren mit seegehenden Motorbooten, von denen die Nordhavn Yachten prominente Vertreter sind. Und beim Spiel „wenn Geld eine untergeordnete Rolle spielen würde“ hätte ich gesagt, dass eine Weltreise mit einer Nordhavn eine schöne Sache wäre.
Mittlerweile habe ich meine Meinung geändert. Ich mag Stahl als Baustoff für ein robustes, zuverlässiges Schiff, und Nordhavn baut nur in Kunststoff. Zusätzlich habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass auch andere Werften Schiffe bauen können, mit denen man auf Weltreise gehen könnte.
Von Privateer habe ich den Eindruck, dass sie nicht nur außergewöhnlich schöne Boote liefern. Vielmehr scheinen sie auch die Erfahrung zu haben, um seegehende Boote so zu bauen und professionell auszurüsten, dass man damit entspannt und mit einem stets sicheren Gefühl auf jedem Meer oder Ozean fahren kann. Dazu kommt noch die Leidenschaft, auf jedes Detail zu achten und Lösungen wirklich bis zum Ende zu durchdenken.
Wer also tatsächlich in der Position ist, dass Geld nur eine untergeordnete Rolle spielt, sollte sich Privateer näher anschauen.
Hallo Julian,
ich habe mit großem Interesse habe ich Ihren Bericht „Trawler aus Leidenschaft“ gelesen.
Haben Sie noch weitere Informationen über die Privater Werft und zum Trawler 84?
Lieben Gruß und guten Rutsch ins neue Jahr.
Klaus Pulz
Hallo Klaus,
nein, weitere Informationen oder Erfahrungen habe ich nicht, nur das, was ich auf der boote erfahren habe. Frag am besten direkt bei der Werft nach und erwähne ruhig, dass du einen schönen Bericht über Privateer auf booteblog.net gelesen hast 🙂
Mach doch mal einen Beitrag über die Pedro Bora 43
Hallo Ulrich,
wenn ich mal Gelegenheit habe eine Bora 43 zu sehen versuche ich das gerne 🙂