Flagge zeigen

Neue Flaggen für die JULIUS

„Was für eine wohlüberlegte und schöne Nationale!“

sprach ich während des Urlaubs einen Segler an, der am Heck eine Europa Flagge mit der deutschen Nationalen klein links oben führte. SVB hat hier sowas für den Mast. Wir unterhielten uns sehr nett, er war eigentlich Brite (was in diesem Zusammenhang einer gewissen Ironie nicht entbehrt), lebt aber schon sehr lange in Deutschland. Ein üblicher Urlaubsschnack eigentlich.

Seine „Nationale“ allerdings, die blieb mir im Kopf. Ein Foto habe ich nicht gemacht, daher möchte ich diese Flagge mit einem Screenshot vom SVB Shop illustrieren:

Europa- und Deutschland Flagge

Flaggen können ein sensibles Thema und Teil von lieb gewonnenen Traditionen sein. Der abendliche Flaggenappell ist beispielsweise fast in jedem Hafen zu beobachten. Ich sehe sowas weniger strikt und denke, dass Traditionen auch verändert und neu erfunden werden können, wenn sich Gegebenheiten ändern.

Tatsächlich fühle ich mich in erster Linie als Europäer. Danach erst einem Nationalstaat zugehörig, der nun zufällig Deutschland ist. Dieser britisch-deutsche Segler trifft mit der Wahl seiner Nationalen exakt mein Zugehörigkeitsgefühl.

Noch am selben Abend habe ich nach so einer Flagge in einer ernstzunehmenden Größe gesucht. Leider bin ich nicht fündig geworden. Die größte Variante hatte 120x90cm, kostete aber prohibitiv viel Geld bei unklarer Qualität.

Nun habe ich eine Variante dieser Idee umgesetzt:

Europa, Deutschland und Hamburg Flagge.

Am Bug weht nun die blaue Europa Flagge, Hamburg ist in den Mast auf die Backbord Seite umgezogen und am Heck bleibt die übliche und auch vorgeschriebene Nationale.

Gerade mit dem Boot profitieren wir von der „Idee Europa“ und der damit verbundenen Freizügigkeit ganz enorm. Und auszudrücken, dass wir uns auch als Europäer fühlen, gefällt mir außerordentlich gut.

Seit wir nun darauf achten, sehen wir eine Europa Flagge erstaunlich häufig an Sportbooten. Von mir aus kann ich das gerne noch häufiger sehen!

P.S. Der britisch-deutsche Skipper wurde nach eigener Erzählung schon mal von der Wasserschutzpolizei angehalten und ermahnt, weil seine „Nationale“ keine echte Nationale ist… passiert ist aber: nichts.

13 Kommentare zu “Flagge zeigen

  1. Christian

    Hmm. Danke für den Beitrag. Ich höre die Botschaft, bin aber doch eher anderer Meinung.

    Ja, auch ich empfinde mich als Bürger der EU, und ich bin ebenfalls der Meinung, dass uns die EU viele Vorteile gibt. Und eine Zukunft mit EU ist sicher besser als eine ohne – auch wenn ich die Umsetzung als ziemlich … naja … Verbesserungs-bedürftig … empfinde. Hintergrund sind hier eine völlig unglückliche, man könnte sagen dilettantische Gesetzesbasis, und eine ebenfalls komplett missratene Mitgliederpolitik.

    Aber eine Nationalflagge auf einem Boot ist etwas völlig anderes. Sie ist Botschaft eines nationalen Gefühls, und auch ein traditionelles Element, ein übrig gebliebenes Relikt aus einer völlig anderen Welt. Und die hat GAR NICHTS mit der eher schlecht gemanagten politischen und Wirtschafts-Gemeinschaft wie der EU zu tun. Wirklich gar nichts.

    Ich kenne noch die deutschen Nationalflaggen wie sie auf den Booten in den 60er und 70er Jahren war – klein wie eine Postkarte. Deutschland schämte sich, deutsch zu sein. Das wurde wieder besser, und einen wesentlichen Schritt habe ich damals mit dieser Fussballweltmeisterschaft empfunden. Weiss gar nicht mehr wann das war – ich bin ein Fußball-Feind. Aber das hat damals dem deutschen Identitätsgefühl definitiv geholfen.

    Ich empfinde eine deutliche Sympathie für ein unaggressives, intelligentes Nationalitätsgefühl, auch ausgedrückt durch die Nationalflagge an Bord, wie es zum Beispiel Dänemark, Großbritannien, Frankreich, die USA, und viele andere Länder zum Ausdruck bringen können – und NEIN, eine Europa-Nationalflagge mit deutscher Ecke links oben als Alibi geht garnicht. Dabei ist mir die behördliche Einschätzung völlig wurscht, das ist einfach eine persönliche Empfindung.

    Und noch kurz zum ThemaFlaggenparade abends im Hafen – ich gräme mich permanent darüber, dass diese eben inflationär gar nicht mehr passiert. All diese Dinge scheinen der Majorität der Wassersportler, Charterer, usw., heute eher furtzegal zu sein.

    Bin interessiert wie dieser Beitrag ankommt. Habe überlegt ob ich das überhaupt so schreiben soll … Definitiv bin ich von meiner Welteinschätzung her eher ein Europäer als ein Deutscher. Aber das mit der EU-Nationalflagge ist trotzdem komplett falsch!

    LG Christian

    1. Julian Buß

      Hallo Christian,

      Ich habe gehofft, dass sich eine kleine Diskussion um dieses Thema hier ergibt im Vertrauen darauf, dass die booteblog Gemeinschaft vernünftig genug ist, so ein teilweise emotional sehr aufgeladenes Thema sachlich zu diskutieren. Du hast mit deinem ausführlichen Beitrag einen guten Anfang gemacht, danke dafür 🙂

      Das ganz Konzept eines Nationalstaates finde ich bei genauerer Betrachtung irgendwie seltsam: Da gibt es historisch bedingt entstandene Grenzen irgendwo, ein Mensch auf einer Seite ist sagen wir mal Däne, der Mensch auf der anderen Seite ist Deutscher. Und aus dieser Zufälligkeit heraus wird dann ein Zugehörigkeitsgefühl und teilweise ein „Stolz“ auf irgendwas, was die eigene „Gruppe“ erreicht hat, abgeleitet.

      Klar, kann man machen. Aber wo fängt es an, wo hört es auf? Ich könnte auch genauso gut Schleswig-Holstein als meinen „Nationalstaat“ begreifen, oder meine Stadt, oder mein Dorf. Oder andersherum eben Europa und ganz ins theoretische extrem getrieben die ganze Welt .

      Von diesen sehr theoretischen Betrachtungen abgesehen ist aber festzustellen, dass Nationalismus immer, und ohne jede Ausnahme, langfristig (!) für die eigene Nation und für die Nachbarn schlecht ist. Dazu funktioniert Nationalismus nur dann, wenn es andere Gruppen gibt, die als „anders“, „doof“, „weniger wert“ oder sonstwas tituliert werden können. Gerade dafür finden wir selbst innerhalb der EU momentan genügend Beispiele.

      Ich habe nach dem Lesen deines Beitrages darüber nachgedacht: „Bin ich gerne Deutscher?“ Und kann darauf antworten: Ich lebe total gerne, wo ich lebe, und ich mag die Menschen um mich herum. Ich bin total dankbar dafür, dass in diesem Land, in dem ich zufällig lebe, die Dinge grundsätzlich gut funktionieren und ich sicher und satt bin.

      Dass dieses Gebiet, in dem diese tollen Lebensbedingungen herrschen, nun „Deutschland“ heißt, ist für mich nur in sofern von Bedeutung, dass ich damit eine Historie und gemeinsame Sprache verbinde.

      Mir ist völlig klar, dass Nationalstaaten irgendwie wohl sein müssen. „Nationalstaat“ bedeutet aus meiner Sicht leider auch viel zu oft ein „wir gegen die“, was ich schlecht finde. Man erreicht ja grundsätzlich mehr, wenn übergreifend zusammengearbeitet wird.

      Nun sind seit einiger Zeit in Teilen unserer Gesellschaft und in einigen EU Ländern Tendenzen wieder hin zum Nationalismus erkennbar. Teilweise in sehr bedenklicher Qualität. Und die EU, die man sicher in vielen Details kritisieren kann und muss, wird bequemerweise zum Bashing von all den Dingen herangezogen, die irgendwie schlecht laufen.

      Da stimme ich also einigen aktuellen Tendenzen nicht zu, und vor allem aufkommender Nationalismus ist aus meiner Sicht hochgradig gefährlich. Um das auszudrücken, finde ich das führen einer Europa Flagge gut. Auch die „Nationale“ mit Deutschland klein in der Ecke finde ich ganz persönlich eine perfekte Botschaft: „Ich bin zuerst Europäer, dann erst Deutscher“. Ich fände es toll, wenn das offiziell erlaubt werden würde.

      Versteh mich richtig: Das ist meine persönliche Meinung, ich will auf keinen Fall missionieren 🙂 Im übrigen kann man nicht sagen, dass meine Nationale an der JULIUS klein und verschämt ist 😀

      Soweit meine weiteren Gedanken zum dem Thema. Wer auch etwas gehaltvolles (!) beitragen möchte, soll das bitte gerne machen. Aber ein Wort der Warnung: Wer trollt wird geblockt.

      1. Christian

        Hallo Julian, ich denke wir beiden sind da nicht weit auseinander. Das ist ja aber ein extrem umfassendes Thema. Am Ende sind Nationen ja nicht die Ursache, sondern eine Folge der Entwicklung. Vorneweg würde ich da Aspekte sehen wie vorhandene oder nicht vorhandene Bildung der Menschen, ihre Intelligenz, Toleranzfähigkeit, und der Missbrauch der mit diesen Fähigkeiten betrieben wird – früher durch Herrschaftshäuser, heute Politik und Machtstreben. Religion spielt eine zentrale Rolle, Geldsucht, und so weiter. Eine neuere grausige Entwicklung ist der durch soziale Medien und das Internet entstandene Hass der Menschen auf jeden, jedes und alles, ein Riesenproblem. Wahrheit und Toleranz scheinen Tugenden der Vergangenheit geworden zu sein, und das leider in erschreckend grossen Anteilen der Bevölkerung.

        Und alles dieses zusammen hat mit daran gearbeitet Nationen zu bilden, und das tut es auch heute noch. Allerdings glaube ich nicht, das das Abschaffen von Nationen da Besserung bringen würde. Vor allem nicht das Ersetzen von Nationen durch neue Organisationsformen, wie die EU eine ist. So etwas verändert zwar das Spiel in Bezug auf Regionen, Grenzen und Regeln, schafft aber die Probleme und Verwerfungen, die wir mit Nationen und nationalen Gefühlen verbinden, nicht ab.

        1. Christian

          Und vielleicht abschliessend noch ein kleine Kurve zurück zu Deiner Headline „Flagge zeigen“. Für mich ist Flagge zeigen absolut eine Forderung an jeden – allerdings nicht in Bezug auf das Tuch am Heck, sondern in Bezug darauf, seinen eigenen Kopf intelligent, tolerant, weltoffen und gerecht in der Welt zu positionieren, und das auch aktiv zu leben! Egal ob in DE oder in der EU.

  2. Thomas Schmidt

    Ich fahre selten mit Nationale, und nie ist etwas passiert. Aber als ich mit Europa-Flagge mit klein Deutschland in der Ecke im Stadthafen Flensburg in der Box lag, kam die Polizei mit dem Boot vorbei und meinte, der Lappen müsste sofort weg, sonst wird es teuer. Dann bin ich wieder ohne gefahren. Ich habe aber immer die Gastlandflagge Dänemark dran, auch bis Kiel.

    1. Julian Buß

      Danke für Erfahrungsbericht! Bedauerlich, dass die Waschpo so reagiert, aber das ist natürlich alles irgendwo geregelt. Vielleicht findest sich ja mal ein segelnder Abgeordneter, der die Idee, so eine Europa/Deutschland Nationale zu legalisieren, an passender Stelle platzieren kann.

      Hier werden die Regeln gut erklärt: https://skipper.adac.de/flaggenfuehrung-in-der-sportschifffahrt/

      Zitat:

      „Die Nationale

      Sie ist der Nachweis für die nationale Zugehörigkeit des Bootseigners. Die deutsche Bundesflagge ist laut Artikel 12 des Grundgesetzes schwarz-rot-gold. Es ist nicht erlaubt, die Nationale durch eine andere zu ersetzen. Sie dürfen sie auch nicht durch die Europa-Flagge austauschen, selbst wenn diese im Eck die Nationale abbildet. Die schwarz-rot-goldene Flagge mit Bundesadler ist die sog. Bundesdienstflagge und allein Behördenfahrzeugen vorbehalten (FlRG § 8 (2) ). Sie müssen die Nationale nicht ständig, jedoch »beim Einlaufen in einen Hafen und beim Auslaufen« zeigen (FlRG § 8 (3) ). Auf hoher See, außerhalb des Hoheitsgebietes eines Landes, brauchen Sie sie nicht zu setzen, es sei denn, es nähert sich ein Marine- oder Behördenschiff.“

      1. Till

        Es wird vielleicht verständlich, wenn man bedenkt, dass Flaggenrecht Zulassungsrecht ist. Und eine Analogie zum Kennzeichen für Pkw zieht.
        Die Nationalflagge ist (auf See) das zwingende Erkennungszeichen und daher nicht austauschbar.
        Für die Seeschifffahrtsstraßen, die auch von Binnenschiffen befahren werden können, gilt das so nicht (sofern man sich nicht als Seeschiff mustert, wie über ein Flaggenzertifikat o.ä.).
        Auf See und zwingend bei einlaufen in den Hafen ist aber die Nationale zu setzen.
        Das Flaggenrechtsgesetz ist ein Strafnebengesetz und daher werden andere Nationalflaggen auch als Straftat angesehen.
        Dies wiederum gilt nur für deutsche Fahrzeuge, deshalb ist der Brite mit einem „dududu“ davon gekommen. Bzw könnte es auch sein, dass er im Hafen liegend nicht bebußt werden konnte, da er nicht fuhr.
        Des weiteren ist es keine Straftat, wenn andere Flaggen als Nationalflaggen geführt werden, sondern eine owi.
        Die Europaflagge am Heck ist somit lediglich bebußbar, nicht strafbewehrt.

        Eine persönliche Anmerkung noch: ich kenne die Diskussion um Grenzen und Probleme,.die Nationalstaaten mit sich ziehen.
        Wer mich kennt, weiß auch um meine scharfe Kritik an Frontex und um meine Sympathie für europäische Lösungen.
        Doch bin ich auch mit der staatlichen Fürsorge zufrieden und gerade als Skipper auf See dankbar, dass unser Nationalstaat ein suffizientes System hat, um Segler, die unter deutscher Flagge fahren, überall auf der Welt zu unterstützen und im Extremfall nach Hause zu holen.
        Daher finde ich das jetzige System der Flaggenführung sinnvoll.

        Übrigens würde ich die Hamburgflagge nicht an der Signalseite der Saling führen, das könnte Verwechslung mit der Flagge Bravo „Gefahrgut an Bord“ bringen.
        Grüße

  3. Bernd Messerschmidt

    Kurz und knapp:
    Für mich kommt die Flagge ans Heck wenn ich an Bord gehe, wir unterwegs sind..
    Bei Sonnenuntergang wird sie eingeholt und morgens nach dem aufstehen wieder gesetzt

  4. Thies Eisele

    Moin zusammen, ich bin zufällig, und daher verspätet auf diesen Blog und Diskussion gestoßen.
    Als rechtssicherer (?) Variante für eine Nationale gäbe es mglw eine Lösung, die die Europäische Idee dennoch, nur „anders herum“, mitträgt.
    So gesehen bei everflag.de, zur Qualität – also etwa ob überhaupt seetauglich – kann ich nichts sagen, finde persönlich dieses Design aber auch durchaus attraktiv.

    https://www.everflag.de/Premiumfahne-Deutschland-mit-Europa-im-Eck

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