„Schnell, wo ist der Fotoapparat…?“
reißt Steffi mich aus den Gedanken, während wir den Törn von gestern fortsetzen und in Richtung Hamburgsund unterwegs sind. Wie immer in den letzten Tagen haben wir es auch heute ruhig angehen lassen, sind irgendwann nach elf Uhr ankerauf gegangen und uns gemütlich wieder in das Schärenfahrwasser begeben.
„Hier!“
antworte ich, gebe Steffi den „großen“ Fotoapparat mit 30-fachem Zoom und schaue sie fragend an.
„Da steht ein Wikinger am Ufer, sieht aus wie echt.“
beantwortet Steffi meinen Blick. Ich schaue raus, während Sie schon mit der Kamera arbeitet: Witzig, da steht echt ein Typ am Ufer, der wie ein alter Wikinger gekleidet ist und sich auch noch – für uns? – in Pose begibt und so ein klasse Fotomotiv ist.
Hinter ihm steht ein passendes Zelt, und dann turnen auf einmal auch noch andere Menschen – allerdings aus unserem Jahrhundert – auf den Felsen herum:
Etwas weiter den Hang hinauf ist dann zu sehen, dass noch weiteres Wikinger-Equipment aufgebaut ist. Vermutlich ist das so etwas wie Mittelalterspiele in Deutschland. Wir können jedenfalls friedlich weiter ziehen, ohne von einem Drachenboot aufgehalten zu werden.
Hamburgsund ist ein kleiner Ort am Sund zwischen der Insel Hamburgö und dem Festland:
„Hamburgö“ hat allerdings wohl keinen Zusammenhang mit Hamburg, Wikipedia erzählt nur davon, dass die Anfänge dieses Ortes auf das 16. Jahrhundert zurückgehen. Der Ort erstreckt sich über beide Seiten des Sunds und wird mittels einer Seilfähre verbunden. Dieser Fähre, oder genauer gesagt dem Seil, an dem sie entlang fährt, sollte man nicht zu Nahe kommen. Daher warten alle Boote geduldig, bis sie angelegt und ihr Blinklicht ausgestellt hat.
Wir fanden Hamburgsund soweit ganz nett, gehalten hat es uns dort aber letztlich nicht.
Hamburgsund sollte der nördlichste Punkt unserer Reise sein, und so habe ich in Richtung Süden nach einem Ankerplatz in der Nähe gesucht. Bei Dannemark waren wir ja gestern, und danach kommen ein paar Meilen, die fast ungeschützt zum Skagerrak und dem weiterhin starken Wind und der entsprechenden See sind.
Aber nur kurz Abseits der Route ist eine Bucht bei der Halbinsel Valön, die sah vielversprechend aus:
Der Weg dorthin betrug knappe sechs Meilen, war also noch locker zu schaffen, auch wenn es schon Nachmittag war. Hier noch ein paar Impressionen von unterwegs:
„Na sowas…“
„..was denn…?“
„…der Anker hält nicht.“
tauschen Steffi und ich uns aus, nachdem wir in der Bucht eingelaufen waren und einen eigentlich brauchbar aussehenden Ankerplatz gefunden hatten. Auch hier liegen Mooringbojen aus, aber mit denen hatten wir ja nun schon eine schlechte Erfahrung gemacht.
Unser Hauptanker am Bug ist ein Jambo, der mich in über zwei Jahren noch nicht einmal im Stich gelassen hat. Heute aber hielt er nicht: Als ich leichten Schub rückwärts gab, fuhr die JULIUS auch rückwärts – was der Anker ja nun eigentlich verhindern sollte.
„Tja, hilft nix, wir müssen noch einen Anlauf an einem anderen Platz machen.“
sag ich und gehe zum Bug, um den Anker wieder einzuholen. So richtig toll war der Platz ohnehin nicht, hier pfiff uns der Wind ganz schön um die Ohren.
Einen neuen, besseren Platz zu finden war aber gar nicht einfach. Das Ufer der Bucht fällt an den meisten Stellen steil ab, und in der Mitte ist es über zehn Meter tief – dafür sind wir nicht ausgerüstet. So 70 bis 80 Meter Kette wären jetzt gut. Wir haben aber nur 30 Meter, und so sind fünf bis sechs Meter Tiefe die Grenze zum ankern.
„Da vorne ist es sandig, vielleicht können wir mit dem Bug direkt an den Fels gehen…?“
schlage ich vor, mache den Heckanker klar und schicke Steffi und die Kinder zum Bug, um den Grund im Blick zu halten, während ich auf das Ufer zu fahre. Ein Trimaran hat es sich leicht gemacht und ist direkt auf den Strand gefahren, das geht mit unserem Rumpf aber natürlich nicht.
Fünf Meter vor dem Fels gibt Leo mir aber unmißverständliche Handzeichen, dass es flach wird und wir gleich aufsetzen. So wird das also auch nichts.
Ein paar Meter weiter zur Mitte der Bucht fällt der Grund aber wieder steil ab. Die Zugrichtung des Ankers geht dann in Richtung des abfallenden Grunds, und so kann er nicht halten. „Mmmhhh… ein Heckanker allerdings hat eine entgegengesetzte Zugrichtung, der wird halten“ denke ich und beschließe, auf eine etwas ungewöhnliche Art zu ankern.
Der Wind steht genau von dem Ufer in Richtung Mitte der Bucht, und über Nacht soll er nur unwesentlich drehen. Die Schäre vor uns ist hoch und bietet großen Schutz vor dem Wind. Das passt alles zu meiner Idee, und so fahre ich wieder ein paar Meter auf das Ufer zu, bis es wieder so flach ist, dass man stehen könnte.
Dort lasse ich den Buganker fallen, der sich sofort willig in den Sand festkrallt und gebe ordentlich Kette, so dass die JULIUS nach achteraus, in Richtung Mitte der Bucht, getrieben wird. Das lasse ich erstmal so, fahre den Anker kurz ein, mache die Maschine aus und mit Leo zusammen das Dinghy klar. So wie der Wind im Moment weht kann da nichts passieren.
Mit dem Dinghy bringe ich nun den Heckanker (ein Delta-Anker) weiter zur Mitte der Bucht aus und hole ich dann vom Schiff aus dicht. Dieser kann sich nun in den von ihm aus gesehen aufsteigenden Grund festbeißen, und so hält er denn auch auf Anhieb. Damit ist das Heck der JULIUS fixiert, und auch wenn der Wind nun leicht dreht, kann das Schiff nicht zum Ufer treiben.
Morgen wird dann die etwas anstrengende Arbeit auf mich warten, diesen 15 Kilo Delta-Anker mit 5 Kilo Kettenvorlauf und einer Menge Leine vom Dinghy aus per Hand wieder einzuholen. Eine morgentliche Fitnessübung also. Aber: morgen ist morgen, und jetzt liegen wir erstmal gut.
Dieser Eintrag spielt am 5.8.2016.
Vielleicht erklärt das die Ähnlichkeiten im Nahmen:
Der Name Hamburg ist ein Kompositum, d.h. er ist aus zwei Namenglieder zusammengesetzt. Dabei ist das hintere, also -burg das einfachere. Es ist ein altes Wort, das im Althochdeutschen und Altsächsischen burg, Mittelhochdeutsch burc, Mittelniederdeutsch borg, borgh überliefert ist und so viel bedeutet wie „Burg, Schloß, Feste“, in einer älteren Bedeutung auch „geschützte (volkreiche) Siedlung, vor- oder frühstädtische Siedlung“. Im Germanischen bedeutet es „befestigte Höhe, Flucht- oder Volksburg“. Schwieriger ist der erste Teil des Namens. Hier kommen zwei Ansätze in Frage:
1. Zum Teil ist man der Meinung, mittelniederdeutsch hamme „umfriedetes Stück Weideland“ sei hier zu verbinden. 2. Andererseits – und dies ist der wahrscheinlichere, weil den Geländegegebenheiten entsprechende Ansatz – lassen sich germanisch *ham- „Winkel, winkelförmiges Terrain an Flüssen, Bucht“ (so auch in Hameln), althochdeutsch hamm „Biegung, toter Flussarm, Landstück zwischen Gräben, Kniekehle, Hinterbug“; altsächsisch hamm(a), altfriesisch hamme, mittelniederdeutsch ham, nordfriesisch Hamm, Haam „Land in einer Flussbiegung; Landzunge; etwas Gekrümmtes“ hier ansetzen.
Hamburg ist also „die an einer Flussbiegung, auf einer Landzunge gelegene Befestigungsanlage“.
Wow, danke für die super Erklärung 🙂