Elektrische Installation – Handwerkliche Grundlagen, Tipps & Empfehlungen

Elektrik auf Schiffen ist leider oftmals ein stiefmütterlich behandeltes Thema. Eigner basteln selbst daran herum, freuen sich, wenn es irgendwie funktioniert und haben aber keinerlei Kenntnis davon, dass es hier eine Reihe von (sinnvollen!) Vorschriften und Empfehlungen gibt.

Das Ergebnis ist oftmals eine Elektrik, die chaotisch ist, nicht dokumentiert wurde und vor allem nicht betriebssicher ist.Wenn beispielsweise eine Quetschverbindung nicht korrekt ausgeführt wurde, kann sie durch Vibrationen oder sonstige Schiffsbewegungen irgendwann einfach mal abfallen.

Im einfache Fall funktioniert dann eine Lampe nicht mehr, im schlimmen Fall entsteht ein Kurzschluss, der vielleicht sogar nicht abgesichert ist und dadurch einen Brand verursacht.

In diesem Artikel habe ich mal ein paar handwerkliche Grundlagen notiert, die meines Erachtens nach sinnvoll sind. Darüber hinaus gibt es viele weitere sinnvolle Vorschriften und Empfehlungen, z.B. wann und wo Sicherungen einzubauen sind.

Du brauchst vor allem dieses Buch: Elektrik auf Yachten

Das, was ich weiter unten schreibe, sind nur absolute Grundlagen. Wenn du auch nur entfernt etwas mit der Elektrik auf deiner Yacht zu tun hast, ist dieses Buch Pflichtlektüre:

„Elektrik auf Yachten“, Michael Herrmann, elektronisch als PDF: https://dev.yachtinside.de/inhalt-elektrik-auf-yachten/

Kabel

1.) Nur mehrdrätige Leiter verwenden!

Im Bordnetz dürfen nur Kabel verwendet werden, die aus mehreren einzelnen Leitern („Drähten“) bestehen. Niemals dürfen Kabel mit nur einem einzigen, starren Leiter verwendet werden. Dieser kann durch Vibrationen porös werden und brechen.

2.) Verwende immer Kabel mit korrekt dimensioniertem Querschnitt.

Die Dimensionierung hängt ab von

a) der Länge des Kabels (je nach Länge und Querschnitt verringert sich die Spannung)
b) der Stromstärke (in Ampére), die durch das Kabel maximal fliessen kann

Hier ein paar Richtwerte für Kabel, die auch im 60° heißen Maschinenraum eingesetzt werden können:

Querschnitt in mm2 max. Stromstärke* Spannungsabfall bei 5m und 20%** Spannunsabfall bei 5m und 50%*** ca. Durchmesser des Kabels in mm
0,75 8 0,17V 0,44V 2,0 bis 2,6
1,5 17 0,19V 0,46V 2,6 bis 3,4
2,5 24 0,16V 0,39V 3,0 bis 4,2
6 41 0,11V 0,28V 4,0 bis 5,0
10 57 0,09V 0,23V
16 82 0,08V 0,21V
35 150 0,07V 0,17V
70 230 0,05V 0,13V
150 350 0,04V 0,10V

* bezogen auf Kabel mit einer Isolierung, die ab ca. 90° schmilzt.
** bezogen auf 20% der max. Stromstärke
*** bezogen auf 50% der max. Stromstärke

Der Spannungsabfall wurde mit der Formel E = 0,0164 * I * L : S berechnet.
E = Spannungsabfall
I = Stromstärke
L = Länge des Leiters
S = Querschnitt in mm2

3.) Farben

Es gelten folgende Richtlinien für Farben der Kabel:

Farbe Bedeutung bei 12V / 24V Gleichstrom Bedeutung bei 230V Wechselstrom
Braun darf nicht verwendet werden stromführender Leiter (L)
Weiß darf nicht verwendet werden Neutralleiter (N)
Hellblau darf nicht verwendet werden Neutralleiter (N)
Grün darf nicht verwendet werden Schutzleiter
Grün Gelb
darf nicht verwendet werden Schutzleiter
Schwarz Minus stromführender Leiter, sollte vermieden werden
Gelb Minus darf nicht verwendet werden
Rot Plus darf nicht verwendet werden
Lila Plus darf nicht verwendet werden
Rosa Plus darf nicht verwendet werden
Dunkelblau Plus darf nicht verwendet werden
Türkis Plus darf nicht verwendet werden
(weitere Farben) Plus darf nicht verwendet werden
  • Für den Plus-Leiter des Gleichstrom-Netzes können alle Farben außer Schwarz, Gelb, Grün, Grün-Gelb, Weiß, Hellblau und Braun verwendet werden.
  • Für den Minus-Leiter des Gleichstrom-Netzes muss Gelb verwendet werden, wenn das Wechselstrom-Netz bereits Schwarz verwendet. Da aber meistens Schwarz verwendet wird, sollte der Wechselstrom-Leiter entsprechend Braun sein.
  • Für den Neutralleiter des Wechselstrom-Netzes sollte Weiß verwendet werden.
  • Für den Schutzleiter des Wechselstrom-Netztes sollte Grün-Gelb verwendet werden.
  • Im gesamten Verlauf eines Leiters muss die gleiche Farbe verwendet werden.


4.) Verlegung

  • Kabel ohne weiteren Schutz (Kabelkanal) müssen alle 30cm befestigt sein (Kabelschelle o. ähnl.).
  • Mehrere Kabel sollten über größere Strecken in einem Kabelkanal, Kabelwanne oder Installationsrohr verlegt werden.
  • Wenn mehrere Kabel in einer weiteren Ummantelung verlegt wurden, muss diese Ummantelung mindestens alle 45cm befestigt sein.
  • Der Abstand von Gleichstrom- zu Wechselstrom-Leitern muss mindestens 10cm betragen.
  • Kabel, die durch Löcher z.B. eines Schotts geführt werden, müssen gegen Schamfilen (Abrieb der Isolierung durch Bewegung des Kabels) geschützt sein, z.B. durch Gummimuffen.
  • Die Isolierung von Kabeln, die im Maschinenraum verlegt werden, muss min. 70° Temperatur aushalten und ölbeständig sein.


Abisolierung

Bevor ein Kabel bzw. dessen Leiter irgendwo angeschlossen werden kann, muss es abisoliert werden. D.h. am Ende des Kabels wird ein Stück Isolierung entfernt, so dass der blanke Leiter sichtbar ist.
Wer geschickt ist, kann das mit einem scharfen Messer (Cutter) machen – hierbei läuft man aber immer Gefahr, auch einige der dünnen Einzeldrähte des Leiters abzutrennen.

Besser ist eine richtige Abisolierzange, die für mehrdrätige Leiter gemacht sind. Gibts z.B. hier bei Conrad und sieht ungefähr so aus:

M2

Nicht geeignet ist so eine Zange hier:

M3

Quetschverbindungen

Leiter eines Kabels können mit unterschiedlichen Quetschverbindern versehen werden, die z.B. so aussehen:

M4

Mit diesen Verbindern können Kabel an Schraubverbindungen befestigt werden, miteinander verbunden werden etc. Zu beachten ist, dass die Variante „Gabelkabelschuh“ mit der „offenen Gabel“ nicht eingesetzt werden sollte, da hierbei immer die Gefahr besteht, dass der Schuh abrutscht.

Quetschverbindungen sind farblich gekennzeichnet, jede Farbe steht für einen passenden Kabel-Querschnitt. Niemalssollte eine Quetschverbindung verwendet werden, die nicht zum Querschnitt des Kabels passt (dann ist die Festigkeit der Verbindung nicht gewährleistet).

Ein Sortiment inklusive Zange gibts z.B. hier bei SVB.

Eine Zange zum anbringen einer Quetschverbindung nennt man „Crimpzange“ oder auch „Quetschverbinder-Zange“. Die billigen Ausführungen kosten weniger als 10 Euro und eignen sich nicht.
Quetschverbindungen von z.B. 1,5 Quadratmillimetern müssen z.B. einer Abzugskraft von min. 130 Newton (das entspricht dem hochziehen eines 10l Farbeimers) standhalten.

Geeignet dafür sind Crimpzangen mit breiten Backen, großer Übersetzung und einer Sperre, die sich erst löst wenn die korrekte Quetschkraft erreicht wurde. Kostenpunkt ca. 40 Euro, z.B. bei SVB. Das sieht dann so aus:

M5

Nochmals: billige Zangen sind rausgeworfenes Geld, damit sind zuverlässige Quetschverbindungen nicht machbar und man gefährdet die Betriebssicherheit der Elektrik.

Schraub-Klemmverbindungen

Teilweise müssen Leiter an eine geschraubte Klemmverbindung eingebracht werden, z.B. bei einer Masseschiene, Lüsterklemme (die auf Schiffen eigentlich nicht so gerne gesehen sind) oder beim Anschluß von Geräten.
In diesem Fall soll nicht einfach ein Stück abisoliertes Kabel in die Schraubverbindung eingebracht werden. Dabei ist nämlich nicht gewährleistet, dass sich der Stromfluß gleichmäßig auf alle einzelnen Drähte des Leiters verteilt.

Vielmehr sind hier Aderendhülsen zu verwenden. Gibts in diversen Sortimenten, z.B. diesem hier.

Verbindung von Kabeln

Kabel mit Querschnitten von bis zu 2,5mm2 können mit oben beschriebenen Quetschverbindern verbunden werden. Um die Zugfestigkeit und die Feuchtigkeitsresistenz zu erhöhen, sollten dabei zusätzlich Schrumpfschläuche mit Heißklebefüllung verwendet werden.

So ein Schrumpfschlauch wird über die Quetschverbindung gezogen und dann mit einer Heißluftpistole (nicht mit einem Feuerzeug o.ähnl.) gefühlvoll erhitzt, so dass er schrumpft und sich der Kleber verteilt, aber nicht die Isolierung des Kabels schmilzt.

Kabel mit größeren Querschnitten lassen sich nur schwierig miteinander verbinden, meist wird es hier ratsamer sein, gleich ein neues, genügend langes Kabel zu ziehen.

2 Kommentare zu “Elektrische Installation – Handwerkliche Grundlagen, Tipps & Empfehlungen

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