Umbau der Euro 500 Ruderanlage auf Raymarine Evo

Die Radio Zeeland Euro 500 professionelle Ruderanlage am Innen-Steuerstand (Archivbild).
Die Radio Zeeland Euro 500 professionelle Ruderanlage am Innen-Steuerstand (Archivbild).

„Nein! Tu es nicht!“

„Sei stolz auf die Euro 500 und halte sie in Ehren!“

„So eine robuste Anlage findest du nie wieder!“

„Wozu der Aufwand? Die Euro 500 funktioniert doch super!“

So wird die spontane Reaktion einiger meiner Leser sein, unmittelbar nachdem sie die Überschrift dieses Artikels gelesen haben. Und tatsächlich habe ich sehr lange und äußerst detailliert nachgedacht und geforscht, ob es sich für mich lohnt, die professionelle Radio Zeeland Euro 500 durch eine Raymarine Evo Anlage zu ersetzen.

Vor allem der Umbau des Hydraulik-Systems hat mich abgeschreckt. Auf der JULIUS arbeitet eine Dauerläuferpumpe, die ständigen Druck im Hydraulik-System des Ruders erzeugt. Dazu gibt es Steuerventile (Magnetspulen oder auch Solenoids), die den Druck zum Steuerzylinder des Ruders in die eine oder andere Richtung schicken.

So sieht die Pumpe mit Hydraulik-Reservoir aus:

Die Dauerläufer-Pumpe für das Hydraulik-System der Ruderanlage.
Die Dauerläufer-Pumpe für das Hydraulik-System der Ruderanlage (die andere Hydraulik im Vordergrund ist für die Stabilisatoren).

Auf den Stromverbrauch und das ständige Betriebsgeräusch der Pumpe könnte ich durchaus verzichten – aber eine Raymarine-Pumpe einbauen und das ganze Hydraulik-System umbauen? Die Pumpe ist teuer und das müsste ich machen lassen.

Kann ich die Raymarine Evo Anlage mit dem vorhanden Hydraulik-System verbinden?

Vor einigen Monaten bin ich dann auf die Idee gekommen, dass ich ja die vorhandene Dauerläufer-Pumpe vorerst weiter verwenden könnte. Ich habe gesucht, ob Raymarine damit umgehen könnte und die Zentraleinheit ACU-300 gefunden.

„Für Solenoid-Antriebe und hydraulische Dauerläuferpumpen von Raymarine“

So steht es in der Beschreibung der ACU-300. „Solenoid“ ist genau das, was ich habe: Eine Dauerläufer-Pumpe mit Magnetspul-Ventilen. Also kann ich einfach die vorhandenen Ventile an eine Raymarine ACU-300 anschließen und voilá, schon habe ich einen neuen Autopiloten!

Aber was ist mit den liebgewonnenen Steuer-Hebeln?

Ein klassisches Steuerrad gibt es auf der JULIUS nur am äußeren Steuerstand. Und es wird nie genutzt, wir fahren immer mit der Hebel-Steuerung („Tiller“ heißt so ein Hebel eigentlich).

Der Steuer-Hebel (Tiller) der Euro 500.
Der Steuer-Hebel (Tiller) der Euro 500.

Da ich darauf keinesfalls verzichten will, war eine Raymarine Evo Anlage lange Zeit kein Thema.

„An einem Tiller arbeiten wir, der kommt demnächst.“

Sagte mir ein Raymarine Mitarbeiter auf der boot 2016 – also vor zwei Jahren. Und auch wenn es gedauert hat, nun hat Raymarine tatsächlich einen auch noch optisch ansprechenden Tiller im Angebot:

Der neue Raymarine Follow-On-Tiller
Der neue Raymarine Follow-On-Tiller

Kein Umbau der Hydraulik, Tiller vorhanden – Somit gibt es nun keine echten Hindernisse mehr und ich konnte weiter nachdenken und abwägen, ob es sich lohnt, dieses Projekt weiter zu verfolgen.

Gründe für den Tausch der Radio Zeeland Euro 500 gegen Raymarine Evo

Um es klar zu sagen: Die Euro 500 arbeitet gut und zuverlässig, es gibt keinen zwingenden Grund für den Tausch. Aber es gibt folgende Argumente:

Ersatzteile Wir sind mal weiter weg, in Schweden oder (perspektivisch) mal in England oder im Osten. Nun tritt ein Defekt an der Euro 500 auf. Wer kann helfen? Wo gibt es Teile? Das könnte verdammt schwierig werden… die Euro 500 ist eine alte Anlage aus der Berufsschifffahrt. Teile gibt es nur noch, wenn man Beziehungen zu entsprechenden Werften hat.
Teile für eine aktuelle Raymarine Evo Anlage sind dagegen einfach zu beschaffen.
Verhalten im Seegang Im Seegang und zusammen mit den Stabilisatoren macht die Anlage oft unnötige Steuerbewegungen. Das Schiff „eiert“ etwas und es wird unkomfortable Bewegung zusätzlich zum wellenbedingten Schaukeln erzeugt. Nicht viel, und sehr unterschiedlich ausgeprägt je nach Situation, aber bemerkbar.
Die Raymarine Anlage bekommt durch den Evo Sensor (den ich sowieso schon habe) viel mehr Daten über die Bewegungen des Schiffes: Nicht nur Drehbewegungen, sondern auch Stampfen und Rollen spürt dieser Sensor. Und äußerst schnell. Daher müsste dieser Autopilot besser mit solchen Situationen umgehen können.
Geradeaus fahren Die JULIUS fährt nur schlecht genau geradeaus. Die Euro 500 kann das kompensieren, aber je nach Beladung muss mittels „Trim“-Knopf nachjustiert werden. Eigentlich kein Problem – aber der „Trim“-Knopf ist innen, wir sind aber meistens außen. Daher stelle ich daran nur wenig ein und das Boot zieht dann immer mal in die eine oder andere Richtung.
Bei der neuen Anlage drücke ich einfach „Auto“ und sie wird exakt den aktuellen Kurs halten, also genau geradeaus fahren.
Bedienung Die Euro 500 Bedieneinheit und die Kurseinstellung für den Autopiloten sind getrennt: Bedieneinheit innen, Kurseinstellung draußen. In der Praxis bedeutet das: Reingehen, aktuellen Kurs ablesen, rausgehen und Kurs einstellen, wieder reingehen und Autopiloten aktivieren, wieder rausgehen.
Der Kurs kann von drinnen auch nicht geändert werden, was gerade bei Nachtfahrten oder schlechtem Wetter störend ist.
Den Raymarine Evo Autopiloten kann ich draußen mittels MFD oder R70s Instrument aktivieren und steuern, und genau so von innen über das dortige MFD.
Integration Eine neue Raymarine Evo Anlage ist in meine vorhandene Elektronik integriert, so dass ich eine geplante Route Wegpunkt für Wegpunkt automatisch abfahren kann. Die Euro 500 steht völlig für sich alleine und hat keine Möglichkeit, sich in das Navigationsnetz zu integrieren.

In Summe und kombiniert mit der Tatsache, dass ich vorerst an der Hydraulik nichts ändern muss, hat mich das überzeugt: Ich werde den Umbau vornehmen.

Euro 500 auf Hot Standby

Ich verspreche mir von dem neuen Raymarine Evo Autopiloten eine spürbare Verbesserung des Steuerverhaltens. Aber ganz sicher kann ich erst nach einigen Wochen Betrieb und vielen Tests sein. Daher werde ich die Euro 500 erstmal an Ort und Stelle lassen und nur deaktivieren, d.h. von der Stromversorgung und den Ventilen trennen.

Wenn die neue Anlage also nicht zufriedenstellend arbeitet, werde ich in Minuten wieder auf die Euro 500 wechseln können. Spätestens nach der Saison kann ich dann entscheiden, ob ich von der Euro 500 Abschied nehme. Denn: Das ist ein ganz eigenes, und eher großes, Projekt. Zielstellung ist dann, die Radio Zeeland Komponenten vollständig, sauber und inklusive aller Kabel auszubauen und einen befreundeten Seefahrer damit glücklich zu machen.

 

7 Kommentare zu “Umbau der Euro 500 Ruderanlage auf Raymarine Evo

  1. Thomas

    Wir haben den alten Autohelm ST300 aud der Escape eben auf die EVO AC400 umgerüstet.Dazu gab es ein Promotionpackage, inkl. Sensor AV1, Steuergerät, Rudelagegeber und eben den EVO 400. – Weshalb Du auf den EV 300 kommst ist mir etwas fraglich. Für ein Schiff mit über 18 T ist die EVO 400 das Richtige!
    Die Hydraulikpumpe Typ 2 haben wir zusätzlich gekauft. Die alte, ebenfalls Typ 2, hatte ständig Probleme gemacht. Was ich sagen kann, ist das er AV1 unglaublich viel ruhiger die Steuerimpulse erteilt. Seegang, Dünung, Wellen, Seitenwind kompensiert er wirklich äusserst sauber. Tiller hin oder her, das ist Geschmacksache. Ich drückete einfach die 10 Grad Taste oder korrigierte mit -/1 der Eingradtaste. Die Escape ist jetzt eben vom neuen Eigner so den Rhein bergwärts gesteuert worden. Er berichtete absolut stabiles Kursverhalten und ist sehr zufrieden.

    1. Julian Buß

      Die ACU-300 ist für Solenoid-Antriebe, d.h. vorhandene Dauerläuferpumpe mit Magnetspul-Ventilen. ACU-200 und ACU-400 ist für klassische Hydraulikpumpen, die nur laufen wenn das Ruder bewegt werden soll. Daher ist die ACU-300 für meine Situation, in der ich an der Hydraulik ja nichts machen will, die richtige (und einzige) Wahl.

      Danke für das Feedback zum Verhalten der Evo-Anlage. Ich bin super gespannt, wie es bei mir wird 🙂

  2. Marc Maurer

    Hi Julian,
    kannst Du mir ein Manual als PDF zu dem Autopilot Euro 500 senden oder weisst Du wo ich das herunterladen kann ?
    Der Hersteller hält sich bedeckt.

    Ich bau mir die Anlage gerade in ein 376 BRZ Segelschiff ein. Ich segle nach Afrika und bleibe dort.. Im Gegensatz zu Dir will ich genau diese Anlage WEIL es dort keinen Service gibt. Die Elektronik ist simpel. Und -Das kann auch in Afrika repariert werden. Ganz im Gegensatz zu neueren Anlagen welche man definitiv nicht mehr reparieren kann und welche Qualitativ wesentlich schlechter gebaut sind auf Kosten einiger Mehrfunktionen.

    Dazu bin ich mir fast sicher, dass das „rummzappeln “ der Anlage und zu viele Steuerbefehle nichts mit der Anlage selbst zu tun hat, sondern mit dem Kompass. Der ist ja relativ poppelig und dann auch noch fast Senkrecht eingebaut. Das Ding ist ein Riverpilot für grössere Flussschiffe. Beim schauckeln und senkrechten Einbau gehts mit der Schaukelbewegung direkt auf den Kompass. Ich tausche den Kompass gegen das Model 346 mit Fluxgate ein da dieser wesentlich stabiler läuft. Und noch einen Gyrokopass dazu.

    Ich finde die Anlage genial, die läuft auch nach einer Atombomben Explosion noch
    .
    Viele Grüße von Marc

    1. Julian Buß

      Hallo Marc,

      das ist Copyright geschütztes Material, glaube nicht, das ich das einfach weitergeben kann… ich schicke dir noch eine Mail dazu.

      Die Anlage ist super und ganz sicher verlässlicher als heutige Anlagen – das sehe ich auch so. Für meinen Einsatzzweck ist jetzt aber die Kombination aus Raymarine Autopilot und der Hydraulikanlage die bei der Euro 500 verwendet wurde die perfekte Kombination 🙂

  3. Friedhard Fuchs

    Hallo Julian,
    ich hatte dich vor einiger Zeit schon einmal wegen der Follow on Tiller Anlage von Raymarine um Rat gefragt und mir daraufhin das Gerät gekauft. Es funktioniert soweit. Ich habe doch noch eine Frage:
    Das Gerät, das ich jetzt habe(Auto Power Auto) lässt sich in zwei Modi betreiben: proportional (das ist voreingestellt) und im so genannten Bang Bang Modus, wobei der Hebel stehen bleibt und nicht auf die Nullstellung zurück. Den Modus ändert man durch das Herausdrehen einer Schraube. Und hier liegt das Problem: das kann man laut Raymarine nur einmal machen, also nicht mehr rückgängig machen. Meine Frage an dich: in welchem Modus betreibst du das Gerät???
    Ich persönlich denke, dass eigentlich dieser Bang Bang Modus besser ist; scheue mich aber davor, die Schraube rauszudrehen, weil das dann eben unwiderruflich ist.
    Du benutzt das Gerät ja schon länger, und kannst mir sicher einen Tipp geben.

    1. Julian Buß

      Hallo Friedhard,

      Ich nutze den Modus bei dem der Hebel stehen bleibt. Grund: Ich nutze den Hebel hauptsächlich bei Hafenmanövern, und da ist es ein großer Vorteil den Hebel legen und sofort was anderes machen zu können. Welche Stellung welche Ruderwirkung erzeugt übt sich schnell ein.

      Witzig, mir war nicht bewusst, dass man den Modus nur einmal umstellen kann. Und aus der Erinnerung fällt mir dafür auch kein Grund ein – vielleicht fragst du da noch mal nach.

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