Michael Herrmanns Anmerkungen zur Schallisolierung im Maschinenraum

Aufwändige Schallisolierung im Maschinenraum. Was bringt es?
Aufwändige Schallisolierung im Maschinenraum. Was bringt es?

Als einer der Kompetenzträger im Bereich Bootstechnik hat sich Michael Herrmann (dessen neues Angebot yachtinside.de ich hier ausführlich vorgestellt habe – lesen lohnt sich!) meinen Beitrag „Schallisolierung im Maschinenraum – was geht. Und was nicht“ angeguckt und mir einige sehr interessante Anmerkungen geschickt. Danke, Michael!

Anmerkungen von Michael Herrmann (Fachautor von yachtinside.de)

Lärmreduzierung im Schiff besteht – wenn sie denn Wirkung zeigen soll – immer aus mehreren Maßnahmen. Einerseits soll mit Schalldämmung der Lärm nicht aus dem Maschinenraum entkommen, was üblicherweise mit Masse am besten funktioniert, während gleichzeitig der Lärm im Maschinenraum mit Schalldämpfung in Wärme oder andere Energieformen umgewandelt werden soll.

 

Erst durch die Verbindung dieser beiden Maßnahmen ist eine wirkungsvolle Lärmreduzierung möglich.

Weitere, scheinbar nicht so leicht beeinflussbare Faktoren sind der Primärschall, also der Krach, der vom Motor produziert wird und der vom Motor in den Rumpf eingeleitete Körperschall, der an anderen Stellen im Schiff wieder in Luftschall zurückverwandelt wird. Soweit die Lage.

Eigenheiten des menschlichen Gehörs

Jetzt kommt der Mensch in’s Spiel: Unser Gehör kann Schall über einen unglaublich weiten Intensitätsbereich wahrnehmen – Schalldruckpegel von 10 hoch minus 12 bis 1 Watt/qm – ein Verhältnis von 1:1 000 000 000. Um hier nicht dauernd mit ewig langen Zahlen rechnen zu müssen, werden Schalldruckpegel und Schallleistungen in der logarithmischen Einheit „Bel“ beziehungsweise Dezibel angegeben.

Damit lässt sich der gesamte Hörbereich mit 3-Stelligen Zahlen angeben, zum Beispiel 0 (Hörgrenze) bis 120 dB (Schmerzgrenze). Diese Zusammenhänge sind nicht ganz einfach, so dass sich mit der Zeit einige Legenden bildeten.

Aufräumen mit Legenden

Ich versuche ein wenig Aufklärung: Die Schallleistung einer Schallquelle – beispielsweise Motor – ist eine Energiegröße und zunächst unabhängig von irgendeiner Entfernung. Sie ist die gesamte von dem Motor abgegebene Schallemmission, sagen wir 110 dB. Dies ist die gesamte Schallleistung, die der Motor abgibt, unabhängig von irgendwelchen Entfernungen.

Eine Reduzierung dieser Leistung um 3 dB entspricht dann einer Halbierung (der Motor wird „leiser“), was gerade eben als Lautstärkeunterschied wahrnehmbar ist, jedoch keinesfalls einer Halbierung der subjektiv empfundenen „Lautheit“ entspricht. Dazu bräuchte man hier eine Reduzierung um 10 dB – das heißt, auf ein Zehntel der ursprünglichen Leistung. Erst das Verhältnis 1:10 wird vom Gehör als Halbierung wahrgenommen.

Bei der Feldgröße „Schalldruckpegel“ verdoppeln sich diese Differenzen, da es sich hier um eine Feldgröße – die Ausbreitung des Schalls im Raum – handelt. Diese Größe bewegt sich im Raum und nimmt mit der Entfernung ab. Eine Verdoppelung des Abstands zur Schallquelle führt hier zu einer Reduzierung um 6 dB – was man gut nachvollziehen kann, wenn man sich den sich ausbreitenden Schall als Kugel vorstellt.

Apamat-Messung? Wenig aussagekräftig!

Diese unterschiedlichen Eigenschaften von Schallleistung und Schalldruckpegel ist auch einer der Gründe, weshalb die (nicht standardisierte) „Apamat-Messung“ der Lärmdämmung alleine nicht aussagekräftig ist und zu überhöhten Erwartungen führt – es wird nicht zwischen Schallpegel und Schallleistung unterschieden, und wir wissen nicht, um welche „Lärmart“ (zum Beispiel Terzrauschen oder weißes Rauschen) es sich handelt.

„Stahlkugeln auf einer Blechplatte“ ist zwar eine anschauliche Beschreibung, jedoch nicht unbedingt für einen objektiven Vergleich geeignet.  24 dB Reduzierung des Schalldruckpegels im mittleren Frequenzbereich sieht dann auf dem Papier gut aus, unsere Ohren lassen sich jedoch meist nicht so leicht beeindrucken. Oder anders: Selbst wenn der Schalldruckpegel um das 100-fache gesenkt wird (20 dB), wird dies immer noch als „halb so laut“ wahrgenommen – was bei rund 110 dB Motorschallleistung immer noch 90 dB sein können.

Tiefe Frequenzen und Tipps für die Praxis

Zu den tiefen Frequenzen: Diese werde in der Regel über die Schwingelemente der Motorlagerung in die Fundamente und damit den Rumpf eingeleitet. Hier kann – je nach Ausgangslage – oft eine deutliche Reduzierung der Übertragung (>6 dB) durch angepasste Schwingmetalle erreicht werden.

Für die Praxis: Schalldämmung ist primär eine Funktion des Flächengewichts der Wände und Decken um die Schallquelle (doppeltes Flächengewicht = 6 dB Dämmung),

Dämpfung ist eine Funktion der Resorption von Schall durch entsprechende Oberflächen oder Resonanzflächen. Kleinste Luftschallbrücken können jedes noch so teure Schalldämmmaterial austricksen, und Körperschalleinleitung kann oft mit verhätnismäßig einfachen, jedoch nicht unbedingt billigen, Maßnahmen reduziert werden.

Selbst Primärschall kann oft alleine schon durch den Einsatz eines Ansauggeräuschschalldämpfers („Luftfilter“) aus dem KFZ-Bereich reduziert werden. Wir haben damit rund 6 dB erreicht. All das lässt sich aufgrund der praktischen Einheit „Dezibel“ bequem aufaddieren, will man die Wirkung von Schalldämmmaßnahmen vorher abschätzen.

Diese Anmerkungen stammen vom Fachautor Michael Herrmann, der sein gesammeltes Fachwissen auf dem sehr empfehlenswerten Angebot yachtinside.de publiziert.

Hier geht es zum ganzen Artikel: „Schallisolierung im Maschinenraum – was geht. Und was nicht“

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