Aus dem Maschinenraum: Stopfbuchse nachziehen und abdichten

Der Maschinenraum der JULIUS
Heute gibt es mal wieder etwas aus dem Maschinenraum.

Am Freitag wollten wir in Kappeln bleiben, so dass ich Zeit hatte, mal nach der Stopfbuchse zu gucke. Denn: seit der Überführung von Holland habe ich Wasser in der Bilge. Nicht viel, aber mit mit den Betriebsstunden zunehmend. Das Wasser war bräunlich und fettig, und die Spur zog sich zur Welle hin. Folglich war die Stopfbuchse der Hauptverdächtige, und ich wollte sie abdichten.

Für Nicht-Maschinisten: Der Motor treibt den Propeller über eine Welle an. Der Motor ist im Schiff, der Propeller draußen. Folglich muss die Welle irgendwo von innen nach außen geführt werden. Und damit an dieser Schnittstelle kein Wasser in das Schiff kommt, muss die Welle abgedichtet werden. Nur kann man eine drehende Welle nicht einfach mit einer normalen Dichtung abdichten. Schlaue Ingenieure haben sich vor langer Zeit die Konstruktion der Stopfbuchse zur Lösung dieses Problems ausgedacht.

Prinzip einer Stopfbuchse
Prinzip einer Stopfbuchse (By Schorschi2 (Transfered by Krokofant/Original uploaded by Schorschi2) [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons)
Bei der Google Patentsuche findet sich eine andere, bessere schematische Darstellunghier klicken (Danke an Tom für den Hinweis).

Vereinfacht gesagt ist die Stopfbuchse ein Hohlraum um die Welle, in dem ein pressbares Dichtungsmaterial eingesetzt ist. Die Stopfbuchse kann mit der Brille weiter oder enger gemacht werden, je nachdem, wie stark das Material (die sogenannte „Packung“) an die Welle gepresst werden und damit abdichten soll. Wenn zu wenig Druck da ist, kommt zu viel Wasser in das Schiff. Mit zu viel Druck dagegen wird die Konstruktion durch Reibung zu warm und kann im extremen Fall sogar zu großen Schäden an der Welle führen.

Bei der Julius sieht das so aus:

Der Ring zum nachziehen und damit abdichten der Stopfbuchse.
Der Ring (die „Brille“) zum nachziehen und damit abdichten der Stopfbuchse.

Unter der Stopfbuchse steht eine Schüssel, um Wasser aufzufangen. Die war übervoll, und rund um die Buchse waren Fettspritzer. Die Welle wird bei der Julius nämlich zusätzlich noch gefettet (bei der Xenia wurde nur mit Wasser geschmiert), und wenn die Stopfbuchse zu locker ist, tritt ein Wasser-Fett-Gemisch aus und spritzt durch die drehende Welle überall hin.

So sah es unter der Welle aus:

Unter der Stopfbuchse hat sich schon viel Fett/Wassergemisch gesammelt.
Unter der Stopfbuchse hat sich schon viel Fett/Wassergemisch gesammelt.

Saubermachen und Bilge schützen

Schon auf dem Foto sieht es ziemlich schmierig aus… in Wahrheit war es viel Schlimmer. Am Boden der Bilge lag eine bestimmt 5cm hohe Schicht aus altem Fett. Lecker, lecker! Und so kann es ja nicht bleiben – ein Maschinenraum muss sauber sein, und dazu gehört auch die Bilge!

Also habe ich das Zeug mühevoll rausgeholt und alles sauber gemacht. Nach dem Saubermachen habe ich die Bilge übrigens mit Fluid Film beschichtet. Fluid Film ist eine sehr gutes Mittel zur Metallkonservierung, das auch im professionellen Umfeld viel genutzt wird – und es riecht auch noch gut.

Die Stopfbuchse nachziehen und abdichten

Dann erst habe ich die Stopfbuchse nachgezogen, was eigentlich sehr einfach ist:

Kontermuttern verhindern, dass sich der Ring (die "Brille") versehentlich löst und an Presskraft verliert.
Kontermuttern verhindern, dass sich der Ring (die „Brille“) versehentlich löst und an Presskraft verliert.

Zuerst müssen die äußeren Muttern an dem Ring (der „Brille“) gelöst werden (grüner Pfeil) – aber ohne, dass die inneren Muttern (roter Pfeil) mit bewegt werden! Denn es ist sehr wichtig, dass alle Muttern gleich angezogen werden, damit der Ring bzw. Hohlraum um die Welle herum und damit die Packung nicht schief wird. Dann die inneren Muttern nach und nach über Kreuz und in gleichem Maße anziehen, aber nur ein wenig. Ich habe mit einer Vierteldrehungen angefangen und habe bei einer ganzen Drehung aufgehört, als ich merkte, dass Widerstand da war.

Dann wieder die äußeren Muttern anziehen, so dass die inneren Muttern sich nicht mehr bewegen können – fertig.

Anschließend bei einer Probefahrt die Temperatur prüfen

Bei der nächsten Fahrt muss dann in kurzen Abständen geprüft werden, ob die Welle bzw. die Stopfbuchse zu heiß wird. Handwarm oder etwas darüber ist in Ordnung, heiß wie eine voll aufgedrehte Heizung ist nicht gut – dann ist die Buchse zu fest angedreht. Und pro Betriebsstunde können da ruhig ein paar Topfen rauskommen. Eine völlig trockene Stopfbuchse ist auch zu fest angedreht und muss wieder etwas gelockert werden.

Update 2016: Wann muss die Packung erneuert werden?

Die Brille kann nicht unendlich weit gespannt werden, irgendwann ist die Packung (also die Dichtmasse) abgenutzt und aufgebraucht. Nachdem in 2015 über die Hälfte des Spann-Spielraums aufgebraucht war, habe ich die Packung im Herbst 2015 wechseln lassen. Die Julius war ohnehin kurz auf dem Slip, um das Unterwasserschiff zu machen, da war die Gelegenheit günstig.

Denn – und das ist wirklich wichtig! – die Brille der Stopfbuchse (also der Ring, der durch die Muttern gesichert und gespannt wird) darf niemals (!) völlig gelöst und abgebaut werden, wenn das Boot im Wasser ist!

In der Regel wäre ein unkontrollierter Wassereinbruch die Folge. Sprich: Das Boot sinkt.

Also: Nachziehen der Stopfbuchse im Wasser ist völlig in Ordnung. Alle anderen Arbeiten daran nur, wenn das Boot auf dem Trockenen steht.

12 Kommentare zu “Aus dem Maschinenraum: Stopfbuchse nachziehen und abdichten

  1. Jürgen Schüler

    Hallo Julian, bei unserem Boot sind die Stopfbuchsen nicht gefettet, sondern wassergekühlt, sie werden von zugeführtem Kühlwasser umspült. Im Winterlager habe ich die Buchsen nach Gefühl etwas fester angezogen. „Gefühl“ heißt hier, dass ich die Wellen mit der Hand gedreht habe, um zu spüren, wie fest die Buchsen zupacken. Ich weiß nicht, ob das im Wasser liegend genau so geht, weil das Wasser die Schiffsschrauben sicherlich bremst bei so einer hin- und her-Bewegung. Aber du könntest das ja mal probieren. Unsere Buchsen sind jetzt nahezu trocken (ein bisschen Wasser muss ja sein, wie du richtig schreibst), mein „Drehgefühl“ schien zu passen.

    1. Julian Buß

      Moin Jürgen,

      ich hab probiert, an der Welle zu drehen, aber das geht im Wasser zu schwer – der Propeller ist ziemlich groß… bei der Xenia konnte ich die Welle auch im Wasser noch drehen.

      Gruß,
      Julian

  2. Fritz Guenter Drillich

    Hat mir viel gegeben das ganze hier. Hab genau diese Probleme bei mir an der Stopfbuchs sowie in der Bilge. Das Boot liegt im Wasser. Werde zunächst die Methode mit dem Putzlappen wählen. Danach irgendwann nachziehen. Wenn das Boot einmal aus dem Wasser ist, natürlich die Dichtung erneuern.

  3. Stefan

    Hallo Julian,
    vielen Dank für den sehr interessanten Arrikel. Ich verstehe, dass das Arbeiten an der Stoffbuchse bei einem Boot im Wasser nicht ungefährlich ist (Wassereinbruch). Wie ist das, wenn ich den Motor mit Getriebe ausbaue, die Welle mit Stoffbuchse aber in Ruhe lasse. Droht da auch Gefahr?

    1. Julian Buß

      Eine gute Frage. Wenn die Welle verlässlich fixiert ist wäre meine spontane Meinung, dass nichts passieren kann. Sicher bin ich da aber keinesfalls. Ich würde Michael Herrmann von Yachtinside fragen, der kann dir eine definitive Antwort geben.

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